Er habe angesichts der dramatischen Situation in Ungarn Freitagnacht genau gewusst, was zu tun sei, sagte Faymann: "nämlich die deutsche Kanzlerin anrufen". Auch Merkel habe dann gesagt, die Balken müssten rauf. So habe man es gemeinsam geschafft, eine Einigung zustande zu bringen, bevor der erste Bus mit Flüchtlingen an der österreichischen Grenze angekommen sei.
Friedensnobelpreis zurückgeben oder ordentliche Asylpolitik?
Heftige Kritik übte der Kanzler einmal mehr am ungarischen Premier Orban. Dieser sei nicht aus seiner Verpflichtung zu entlassen, mit Stacheldraht sei keine Lösung zu schaffen: "Ein Stacheldraht ist keine Empfangsstelle für Menschen, die um ihr Leben fürchten." Was es brauche, seien gemeinsame EU-Asylzentren, wo man die Menschen nicht mit Hass und Ablehnung empfange, sondern mit der notwendigen Fürsorge. Für die EU stelle sich die Frage: Gibt man den Friedensnobelpreis zurück oder zeigt man, wie man mit Flüchtlingen, die Recht auf Asyl haben, ordentlich umgeht?
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Wie lange die "Ausnahmesituation" mit der offenen Grenze Richtung Ungarn noch andauern wird, konnte Faymann am Samstag nicht sagen. Er konnte auch nicht genau beziffern, wie viele Flüchtlinge er in den kommenden Tagen erwarte bzw. wie viele von diesen in Österreich bleiben wollen. Faymann versicherte jedoch, dass das mit Deutschland abgestimmte Vorgehen keine Dauerlösung sei. Bei der Öffnung der Grenze sei es auch nicht um die Lösung der Flüchtlingsfrage insgesamt gegangen, sondern um die dramatische Situation der vergangenen Nacht.
Unabdingbar ist für Faymann, die europäischen Grenzen gemeinsam zu kontrollieren. Zusätzliche brauche es eine Quotenlösung zur Verteilung der Flüchtlinge - Österreich, Deutschland und Schweden alleine könnten die Zahl der Flüchtlinge nicht bewältigen. Faymann wird am Montag in die Slowakei und nach Tschechien reisen, bisher vehemente Quotengegner.
Mikl-Leitner: Ungarns Vorgehen "nicht zufriedenstellend"
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner bezeichnete bei einem Besuch am Wiener Westbahnhof am Samstagnachmittag das Vorgehen Ungarns als "schwer nachvollziehbar" und "nicht zufriedenstellend". Die Zusammenarbeit mit dem Nachbarland sei "äußerst schwierig". Zur aktuellen Lage der Flüchtlinge sagte die Ministerin: "Mein Herz bebt, wenn ich dieses Leid sehe, wenn Menschen so lange auf der Flucht sind und erschöpft nach Österreich kommen." Hier seien die Menschen "in Sicherheit". Die Zusammenarbeit zwischen ÖBB, Hilfsorganisationen und Polizei sei "großartig", alles funktioniere "wirklich reibungslos trotz Tausender Menschen", sagte die Innenministerin.
Außenminister Sebastian Kurz warnte davor, dass das grenzkontrollfreie Schengen-System durch die eskalierende Flüchtlingskrise gefährdet sein könnte. "Ja, natürlich ist eine Gefährdung vorhanden", sagte Kurz am Samstag nach einem EU-Außenministerrat in Luxemburg. "Derzeit haben wir keine Grenzsicherheit, so ehrlich muss man sein." Er hoffe, dass die EU die Probleme schnell in den Griff bekomme, "bevor wir die Idee eines Europas ohne Grenzen gefährden", so Kurz.
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