Wegen Mordversuchs

Flüchtling (18) stach Freund nieder: 3 Jahre Haft

Österreich
23.09.2014 16:43
Wegen versuchten Mordes ist am Dienstag ein 18-jähriger Bursch im Wiener Straflandesgericht zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Der aus Afghanistan geflüchtete Jugendliche hatte am 17. Mai 2014 in einer Wohngemeinschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Wien-Leopoldstadt einen ebenfalls aus Afghanistan stammenden 17-Jährigen mit einem Küchenmesser niedergestochen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die an sich miteinander befreundeten Burschen waren wegen 20 Euro in Streit geraten. Der Jüngere hatte dem 18-Jährigen zu Jahresbeginn 35 Euro geborgt und nach einiger Zeit 15 Euro zurückbekommen. Weil der 18-Jährige notorisch unter Geldnot litt, erließ der 17-Jährige ihm die Restschuld. Als der Ältere jedoch sein Handy verkaufte und plötzlich doch über Bares verfügte, wollte sein Freund die 20 Euro nicht mehr in den Wind schreiben.

"Er hat mich provoziert"
In der Küche der WG kam es zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung. "Er hat mich provoziert. Wenn du dazu körperlich in der Lage bist, dann nimm dir das Geld", schilderte der 17-Jährige im Zeugenstand. Daraufhin dürfte dieser gegen die Schwester und Mutter seines Freundes ausfällig geworden sein.

Der 18-Jährige lief jedenfalls in ein Zimmer, kam mit erhobenem Messer in die Küche zurückgerannt, und, obwohl ein Betreuer und ein anderer Mitbewohner dazwischen gingen und ihn wegzureißen versuchten, gelang es ihm, dem 17-Jährigen die 17 Zentimeter lange Klinge in den Bauch zu stoßen.

Die fünf Zentimeter tiefe Stichwunde hatte eine Beschädigung des Darms zur Folge. Wäre nicht umgehend für notärztliche Hilfe gesorgt worden, "hätte Lebensgefahr bestanden", gab der Staatsanwalt zu bedenken.

"Ich wollte, dass er aufhört, meine Familie zu beleidigen"
"Ich gebe zu, dass ich das Messer geholt habe und zustechen wollte. Aber ich habe nicht daran gedacht, dass ich ihn damit verletzten könnte", gab der Angeklagte zu Protokoll. Er habe nur dafür sorgen wollen, "dass er Angst bekommt. Ich wollte, dass er nicht mehr schimpft und aufhört, meine Familie zu beleidigen." Als er zugestochen habe, "war da auch kein Blut an meiner Hand oder dem Messer".

"Ich wusste, dass ich etwas falsch gemacht habe"
Nach dem Stich war der 18-Jährige davongelaufen und spazieren gegangen. Dabei telefonierte er mit einem weiteren WG-Mitbewohner und erfuhr, dass der 17-Jährige ins Spital gebracht worden war. Daraufhin fuhr er mit der Schnellbahn zum Praterstern und stellte sich der Polizei: "Ich wusste, dass ich etwas falsch gemacht habe und einen Fehler begangen habe."

Der 18-Jährige war im vergangenen Dezember nach Österreich gekommen. Sein Vater habe sich den Taliban angeschlossen und ihn dazu überreden wollen, es ihm gleich zu tun. Als er sich weigerte, sei er geschlagen und misshandelt worden, berichtete der Jugendliche dem Schwurgericht.

Knappe Entscheidung mit 5:3 Stimmen
Der anklagekonforme Schuldspruch der Geschworenen fiel mit 5:3 Stimmen sehr knapp aus. Bei der Strafbemessung waren die bisherige Unbescholtenheit, die schwierigen Lebensumstände des Asylwerbers und sein junges Alter - zum Tatzeitpunkt war er noch 17 - mildernd.

Erschwerend wurde demgegenüber gewertet, dass er mehrfach auf seinen ebenfalls aus Afghanistan stammenden Freund einzustechen versucht hatte. Bei einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren erschien dem Gericht die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

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