Ein Schlepper, der sich im August des Vorjahres mit 20 Flüchtlingen in einem nicht mehr verkehrssicheren Lkw eine waghalsige Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert hatte, ist am Mittwoch im Landesgericht Linz nicht rechtskräftig zu fünf Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Der Bulgare soll Teil jener Bande sein, in deren Kühlwagen auf der Ostautobahn 71 Tote entdeckt wurden.
Zu Verhandlungsbeginn hatte sich der Hilfsarbeiter nur teilweise geständig gezeigt. So leugnete er, auf der Westautobahn bei Enns vor einer Polizeikontrolle geflüchtet zu sein und sich später einer Festnahme widersetzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hingegen hielt ihm vor, statt mit dem Kastenwagen anzuhalten aufs Gas gestiegen zu sein und zweimal ein ihn verfolgendes Einsatzfahrzeug gerammt zu haben - ein Polizist erlitt dabei einen Bandscheibenbruch. Erst nach etlichen Kilometern konnte damals der Transporter gestoppt werden. Der Bulgare sprang heraus und flüchtete zu Fuß, in einem Feld schnappten ihn dann Beamte.
Schulden, Alkoholsucht und Drogenabhängigkeit
Nach einer kurzen Rücksprache mit seinem Verteidiger legte der Beschuldigte dann aber doch ein umfassendes Geständnis ab und entschuldigte sich für das, "was ich gemacht habe". Als Schlepper unterwegs gewesen zu sein, stritt er erst gar nicht ab. 250 Euro pro Person sollen ihm in Aussicht gestellt worden sein. Schulden, seine Alkohol- und Drogenabhängigkeit hätten ihn eigenen Angaben zufolge in die Arme von Verbrechern getrieben. Allerdings widersprach er den Vorhaltungen der Anklagebehörde, Flüchtlinge unter qualvollen, lebensbedrohlichen Bedingungen von Ungarn aus in Richtung Deutschland gebracht zu haben.
Flüchtlinge in nahezu luftdichten Laderaum gepfercht
Bei der Überprüfung des Lkws im August hatte sich der Polizei ein erschreckendes Bild geboten: In dem nahezu luftdicht abgeschlossenen Kühlaufbau befanden sich 20 syrische, iranische und afghanische Staatsangehörige, eingepfercht auf 6,66 Quadratmetern. Polizisten, die am Mittwoch als Zeugen aussagten, berichteten von "warmer, stickiger Luft", die ihnen entgegenströmte, als sie die Tür des Laderaums öffneten.
Der bereits 17-mal einschlägig Vorbestrafte beteuerte dem Schöffengericht, die Tür nicht verschlossen, sondern rund 15 Zentimeter offen stehen gelassen zu haben. Auch habe er auf der Fahrt Pausen eingelegt. "Immer, wenn von hinten einer geklopft hat, habe ich angehalten", sagte der Bulgare, der in seiner Heimat auch schon sechsmal wegen Fahrens ohne Führerschein verurteilt worden war.
Mitglied der A4-Schlepperbande
Bereits im vergangenen November hatte er sich vor einem Linzer Einzelrichter verantworten müssen. Dabei packte er aus: So sei er für jene Schlepperorganisation gefahren, in deren Kühlwagen 71 Flüchtlinge starben. Er habe auch mit vier Bandenmitgliedern zu tun gehabt, die nach dem Erstickungstod verhaftet wurden. Deren Gerichtsverfahren wurde an Ungarn abgetreten. Aufgrund dieser Aussage dehnte die Staatsanwaltschaft dann die Anklage aus, da für die Geschleppten Lebensgefahr bestanden habe und der Bulgare einer kriminellen Vereinigung angehöre. Der Einzelrichter fällte ein Unzuständigkeitsurteil, so kam der Fall am Mittwoch zum Schöffengericht.
Der 41-jährige wurde zudem wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, Körperverletzung, Gefährdung der körperlichen Sicherheit und gefährlicher Drohung schuldig gesprochen. Er nahm das Urteil an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Somit ist es nicht rechtskräftig.
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