Laut Pilz würden die Drohnen von der militärischen Elite-Einheit von Staatschef Muammar al-Gadafi, der 32. Brigade, eingesetzt. Es sei dies "die brutalste Einheit des Regimes", schreibt der Abgeordnete auf seiner Website. Seiner Meinung nach verstoße die Lieferung der Firma Schiebel mit Sitz in Wien gegen das Kriegsmaterialiengesetz, da der Verkauf zwar vom Wirtschaftsressort, aber ansonsten weder von Außen- noch Innen- oder Verteidigungsministerium genehmigt worden sei.
Als Vermittler für den Verkauf der Camcopter S-100 (Bild), bekannt auch als Schiebel S-100, hat Pilz zufolge ein Syrer gedient, der in der Wiener Innenstadt eine Pizzeria betreibt. Das Auftragsvolumen lag bei mehr als sieben Millionen Euro. Geplant sei ursprünglich gewesen, acht weitere Drohnen zu liefern, behauptete der Abgeordnete am Dienstag im Nationalratsplenum. Angesichts der derzeitigen Vorgänge in Libyen sei davon aber nun Abstand genommen worden.
Hersteller dementiert Verstoß
In einer schriftlichen Stellungnahme zu den Vorwürfen bestätigte die Firma Schiebel am Dienstagnachmittag, dass in den Jahren 2008 und 2009 insgesamt vier Stück des Camcopter S-100 "auf Basis von entsprechend vom österreichischen Wirtschaftsministerium ausgestellten Exportbewilligungen zum Zwecke der Grenz- und Migrationskontrolle" nach Libyen geliefert wurden.
Pilz' Behauptung, acht weitere Exemplare hätten in diesen Tagen an das libysche Innenministerium geliefert werden sollen, wird dementiert: "Eine weitere Lieferung von Camcopter S-100 nach Libyen hat weder stattgefunden noch war bzw. ist eine solche geplant." Auch der Vorwurf des Grün-Abgeordneten, die Lieferung habe gegen das Kriegsmaterialiengesetz verstoßen, da der Verkauf weder von Außen- noch Innen- oder Verteidigungsministerium genehmigt worden sei, wird von Schiebel zurückgewiesen: Der Camcopter sei "gemäß den geltenden europäischen und nationalen Rechtsvorschriften nicht als Kriegsmaterial eingestuft", und daher sei das Wirtschaftsministerium für die Exportbewilligung zuständig gewesen.
"Aufklärungs- und Überwachungsplattform"
Die Firma bekräftigt außerdem, dass ihr Produkt "als Aufklärungs-und Überwachungsplattform entwickelt wurde und distanziert sich ausdrücklich von jeglichen Berichten bzw. Fotos, welche eine Bewaffnung des Camcopter S-100 zum Gegenstand haben". Rechtliche Schritte behalte sich Schiebel ausdrücklich vor.
Letzteres Dementi hat mit einem Werbefilm eines französischen Rüstungsherstellers zu tun, der vor einigen Monaten für Aufregung gesorgt hatte. In dem Film war durch geschnittene Szenen der Eindruck erweckt worden, eine Schiebel-Drohne mit österreichischer Kennung sei mit Lenkwaffen bestückt worden.
Außenministerium: "Haben nicht zugestimmt"
Das Außenministerium bekräftigte am Dienstag, zur Ausfuhr der Drohnen keine positive Stellungnahme abgegeben zu haben. Die negative Stellungnahme des Außenministeriums an das Wirtschaftsministerium sei im Jahr 2008 nach dem Außenhandelsgesetz erfolgt, wurde betont.
Außenminister Michael Spindelegger zeigte sich in der Plenardebatte am Dienstag an dem Fall interessiert und will die Pilz-Unterlagen einer Überprüfung in seinem Ressort unterziehen: "Wenn es sich als richtig erweist, hat das Konsequenzen."
Drohnen-Boom seit Anti-Terror-Krieg
Ferngesteuerte Drohnen erleben seit ein paar Jahren im militärischen Bereich einen regelrechten Boom. Einst als Überwachungsflugzeuge konzipiert, sind heutige Drohnen auch mit Lenkwaffen bestückt im Einsatz. Vor allem die US-Armee setzt in ihrem "War on Terror" auf Drohnen, die in den letzten Monaten in Afghanistan, Pakistan und (illegal) auch im Jemen immer wieder Angriffe auf Aufständische flogen. Der Einsatz ist umstritten, da die unbemannten Flugzeuge meist von den USA aus pilotiert werden und Entscheidungen über die Auslöschung von Menschenleben Tausende Kilometer weit vom Ziel entfernt getätigt werden.
Die Frage, ob auch zur Überwachung konzipierte Drohnen - Schiebel bietet den Camcopter zum Beispiel auch mit Minendetektoren zur sicheren Erkundung von vermintem Gelände an - als Kriegsmaterial eingestuft werden sollen, wird seit einiger Zeit diskutiert. Denn selbst wenn sie offiziell für Einsätze wie Grenzüberwachung oder beispielsweise zur Sicherung von Ölfeldern und zur Jagd auf Piraten (beides Schiebel-Einsätze, siehe Infobox) geordert werden, ist bei Abnehmern wie beispielsweise Gadafi in den Augen vieler Kritiker ein vorauszusehendes Risiko gegeben, dass die Drohnen auch zweckentfremdet und zu kriegerischen Zwecken eingesetzt werden.
Foto: Schiebel Corporation
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