Die Fliegerbombe war am frühen Freitagnachmittag in einer Baugrube am Bahnhof gefunden worden. Nachdem eine Entschärfung des Kriegsrelikts nicht möglich war, wurde großräumig evakuiert und die Bombe kurz vor 22 Uhr vor Ort gesprengt. Trotz der heftigen Detonation verlief alles großteils planmäßig, Meldungen über etwaige Verletzte lagen am Samstag nicht vor.
Unberechenbarer Langzeitzünder
Die Fliegerbombe war als besonders gefährlich eingestuft worden, da sie mit einem chemisch-mechanischen Langzeitzünder bestückt war - dieser gilt unter Fachleuten als unberechenbar. Im Jahr 2003 waren in Salzburg bei dem Versuch, eine Fliegerbombe mit Langzeitzünder zu entschärfen, zwei Sprengstoffexperten ums Leben gekommen, ein weiterer wurde schwer verletzt.
"Vollsprengung" nötig
Die Fachleute des Entschärfungsdienstes in Graz hatten in den Abendstunden eine sogenannte Schneidladung an der 250-Kilo-Fliegerbombe englischer Herkunft angebracht. Als die Evakuierung der Umgebung abgeschlossen war, erfolgte die Sprengung. Doch der ursprüngliche Plan, den Explosivkörper zu öffnen und damit unschädlich zu machen, ging nicht auf, wie Wolfgang Korner vom Entschärfungsdienst nach dem Einsatz erklärte. Erst mit einer "Vollsprengung" mittels einer Hohlladung war dies schließlich möglich.
Trümmer lagen einen Kilometer entfernt
"Wir haben in einer Entfernung von knapp einem Kilometer noch Trümmer gefunden", berichtete Katastrophenschutzreferent Wolfgang Hübel. An der Fassade des Bahnhofsgebäudes gingen die Fenster zu Bruch, in einem benachbarten Hotel wurde der Frühstücksbereich im Parterre durch kaputte Fenster total zerstört, ebenso wurden einige Zimmer auf der Bahnhofseite in Mitleidenschaft gezogen. Die Polizei berichtete betreffend umliegende Gebäude sogar von Türstöcken, die aus der Verankerung gerissen wurden.
Bahnhofsumgebung großräumig evakuiert
Das Gebiet war sofort nach Auftauchen der Bombe evakuiert worden. Auch ein Seniorenheim musste geräumt werden - im Hirtenkloster wurde eine Notunterkunft eingerichtet, in der 13 Menschen betreut wurden. Alle Wohnungen, Geschäfte und Hotels innerhalb von rund einem Kilometer wurden geräumt. Danach wurden Bewohner in weiterem Umkreis via Rundfunk und Lautsprecherwagen aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben und die Fenster offen zu halten. Nach Angaben des Roten Kreuzes waren über 100 Mitarbeiter im Einsatz, davon 42 Sanitäter direkt im abgesperrten Gebiet. Auch Polizei und Feuerwehr waren mit zahlreichen Einsatzkräften vor Ort.
Sperre führte zu Verspätungen
Durch die Sperre des Bahnhofs und den Abzug des Personals kam der gesamte Bahnverkehr zwischen Bruck an der Mur und Spielfeld zum Erliegen. Tausende Fahrgäste mussten lange Wartezeiten in Kauf nehmen, weil auch der kurzfristig improvisierte Schienenersatzverkehr nur bedingt Abhilfe schaffte. Auch im innerstädtischen öffentlichen Verkehr - in Graz fand am Nachmittag noch dazu eine Großdemonstration statt - kam es durch die Straßensperren zu Problemen. Am Samstag lief der Bahnverkehr aber wieder planmäßig.
Schaden schwer zu beziffern
Wer nun für den vorerst unbezifferten finanziellen Schaden aufkommt, der durch die Sprengung verursacht wurde, war am Samstag noch unklar. Möglicherweise wird Geld aus dem Katastrophenschutzfonds zur Verfügung gestellt, schätzte Referent Wolfgang Hübel. Um welche Summen es letztendlich geht, wird wohl erst kommende Woche klar sein - die Behörden rechnen damit, dass viele Schadensmeldungen erst mit Wochenbeginn bei den zuständigen Stellen eingehen werden.
Gleisanlagen in Kriegsjahren Hauptziele von Luftangriffen
In den Jahren 1944 und 1945 waren in Graz vor allem die Gleis- und Verschubanlagen der Graz-Köflach-Bahn und der Hauptbahnhof Ziele der B24-Bomber der 15. US-Luftflotte, die von Süditalien aus operierte. Die Bahnanlagen und die umliegenden Industriebetriebe waren damals 24 Mal angegriffen worden. Zumeist wurden damals 250-Kilo-Sprengbomben, selten 500-Kilo-Bomben abgeworfen.
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