Experten im Einsatz

Start für “Cold Case”-Überprüfung im Fall Kampusch

Österreich
13.07.2012 12:40
Der Fall Kampusch wird ein weiteres Mal untersucht: Seit Freitag früh beschäftigen sich eigens dafür abgestellte "Cold Case"-Spezialisten damit, die Ungereimtheiten und Ermittlungspannen in der Causa erneut zu überprüfen. Den Ermittlern wird - wie es aus dem Innenministerium hieß - völlige Akteneinsicht gewährt. Dem parlamentarischen Unterausschuss, auf dessen Empfehlung der Fall nun neu aufgerollt wird, waren bestimmte Akten - wie etwa die erste Einvernahme von Natascha Kampusch - nicht übermittelt worden.

Die neue Mannschaft besteht aus einer 14 Mann starken operativen Gruppe und einem siebenköpfigen Lenkungsausschuss, der bei entscheidenden neuen Ermittlungsergebnissen hinzugezogen wird. Dem Ausschuss werden auch Spezialisten aus dem Ausland - wie etwa Beamte des deutschen Bundeskriminalamtes und des FBI - angehören. Bei den Ermittlern aus Österreich wurde darauf geachtet, dass die Personen zwar die entsprechende Kompetenz aufweisen, aber noch nie in den Fall Kampusch eingebunden waren.

Auflagen für die Ermittler gibt es nicht, als grober Zeitrahmen sollen die Arbeiten aber bis Ende 2012 abgeschlossen sein. Falls es bereits früher zu entsprechenden Ermittlungsergebnissen kommen sollte, wird umgehend Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht. Zwischenberichte gibt es nicht bzw. werden diese nicht medial kommuniziert.

Als Zehnjährige entführt
Kampusch war als Zehnjährige 1998 von Wolfgang Priklopil entführt worden und konnte im Sommer 2006 aus der Gefangenschaft flüchten. Priklopil beging daraufhin Selbstmord. Immer wieder gab es in dem Fall Verschwörungstheorien und Gerüchte über mögliche Mittäter. Im Folgenden eine Übersicht über die wichtigsten strittigen Punkten:

  • Kampusch hat bei ihren Einvernahmen stets von einem Täter gesprochen. Dem entgegen steht eine Zeugenaussage einer im Jahr 1998 zwölf Jahre alten Schülerin, die gesehen haben will, dass Kampusch von zwei Person gekidnappt wurde: Während ein Mann Kampusch ins Auto zerrte, saß ein zweiter hinter dem Steuer. 
  • Eine Beamtin hielt in einer Aktennotiz fest, Kampusch habe nach ihrer Selbstbefreiung auf die Frage nach Mittätern geantwortet, sie könne "keine Namen nennen". 
  • Nach der Entführung fuhr Priklopil nicht unmittelbar zu seinem Haus mit dem Verlies, sondern zu einem Waldstück. Dort telefonierte er und erklärte dann, dass "die anderen" nicht kommen würden. 
  • Warum erfolgte die Entführung am 2. März 1998, obwohl zu diesem Zeitpunkt das "Verlies" noch nicht fertiggestellt war? 
  • Dubios ist auch die Rolle des ehemals besten Freund von Priklopil, Ernst H., der im Zuge der Ermittlungen seine Aussagen grundlegend geändert hat. Anfangs hatte er behauptet, nichts von der Entführung gewusst zu haben. Am Tage der Selbstbefreiung von Kampusch habe Priklopil ihn gebeten, ihn vom Donauzentrum abzuholen, da er in angetrunkenem Zustand einer Polizeikontrolle davon gerast sei. Als später die Polizei bei ihrer Suche nach Priklopil zu der Veranstaltungshalle von H. gekommen ist, hatte dieser auf die Frage, wo Priklopil sein könnte, mit dem bemerkenswerten Satz "Hat er se umgebracht?" geantwortet. Später änderte H. seine Aussage dahingehend, dass der Entführer im Auto eine umfassende Lebensbeichte abgelegt hatte, wodurch auch etwaiges Insiderwissen erklärbar ist. 
  • Fraglich war auch eine Geldüberweisung von 500.000 Schilling (umgerechnet rund 36.300 Euro) von H. an Priklopil rund um den Zeitpunkt der Entführung. Nachdem die ursprüngliche Version, dass H. seinem Freund das Geld für ein Auto geliehen hatte, nicht schlüssig war, hatte H. auch hier seine Version geändert. 
  • Im Zuge einer Pressekonferenz legte er einen Zettel mit dem Wort "Mama" vor und behauptete, dies wäre eine Art Abschiedsbrief gewesen. Gutachten ergaben allerdings, dass die Schrift nicht mit jener von Priklopil übereinstimmte.
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