Lebenslange Haft

Josef F. nach Prozess selbstmordgefährdet

Österreich
20.03.2009 19:20
Josef F. hat die erste Nacht nach dem Urteil im Inzest-Fall von Amstetten - lebenslange Haft, dazu wurde die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verfügt - "gut überstanden". Dem knapp 74-Jährigen sei ein Psychiater beigestellt, sagte der stellvertretende Leiter der Justizanstalt St. Pölten, Erich Huber-Günsthofer, am Freitag. Die Überwachung des Häftlings sei "engmaschiger gezogen" worden, ein Selbstmordversuch könne nicht ausgeschlossen werden.

Der Psychiater, ein Spezialist aus dem Maßnahmenvollzug, habe auch die Urteilsverkündung verfolgt und unmittelbar danach ein Gespräch mit Josef F. geführt, so Huber-Günsthofer. Er selbst habe ebenfalls mit dem Verurteilten gesprochen. Bei Josef F. sei eine "gewisse Erleichterung erkennbar" gewesen, obwohl eine derartige Strafe "natürlich eine Belastung" sei. Selbstverständlich gebe es seitens der Justizanstalt eine Suizidprävention. Im speziellen Fall - angesichts des für F. "sehr strengen" Urteils - würden natürlich entsprechende Maßnahmen ergriffen.

F. wird nun "schlecht leben" können
Auch Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner, die Josef F. in ihrem Gutachten eine umfassende schwere Störung attestierte, hält den 73-Jährigen für selbstmordgefährdet. Das hatte die Sachverständige bereits am Mittwochabend in der "ZIB 2" erklärt. Kastner, die im Rahmen ihrer gutachterlichen Tätigkeit insgesamt 25 Stunden mit dem Angeklagten gesprochen hat, begründete dies mit der Entwicklung im Prozess gegen den 73-Jährigen. Beim Abspielen des Videos der kontradiktorischen Einvernahme seiner Tochter, "ist sicher der Moment gekommen, wo das Kartenhaus eingestürzt ist", meinte die Psychiaterin. Mit der nunmehrigen Realität werde Josef F. demnach "schlecht leben" können.

Sämtliche Infos rund um den Prozess findest du in der Infobox!

Ampelsystem zur Suizidprävention 
Justizwachebeamte sind die ersten Ansprechpartner für suizidgefährdete Häftlinge und damit quasi die Speerspitze der Suizidprävention im Strafvollzug. Der stellvertretende Justizvollzugsdirektor Generalleutnant Peter Prechtl sagte am Freitag, dass die Beamten einerseits selbst oft Veränderungen bei Häftlingen wahrnehmen, andererseits sich die Inhaftierten bei ihnen melden. Dafür bekommen die Justizwachebeamten eine psychologische Grundlagenausbildung, in der Strafvollzugsakademie gibt es darüber hinaus die Möglichkeit zur Fortbildung.

Häftlingen, die wie Josef F. zu einer langjährigen Strafe verurteilt worden sind, wird sofort Unterstützung angeboten, so Prechtl. Das kann ein Psychologe, Psychotherapeut oder auch ein Psychiater sein. Ärzte sind bei den Strafanstalten in ständiger Rufbereitschaft. Klar ist, dass solche Inhaftierten gerade am Beginn nicht allein in einer Zelle untergebracht werden.

Jeder neu Verhaftete muss einen Fragebogen ausfüllen, der laut Prechtl in etwa 25 bis 30 Sprachen aufliegt. Anhand der Beantwortung dieser Fragen werden die Insassen nach dem Ampelsystem in rot, gelb und grün aufgeteilt. Grün bedeutet dabei frei oder unbedenklich, bei gelb darf der Betroffene nicht allein in einer Zelle sein, und bei rot müssen unverzüglich Maßnahmen für den Inhaftierten getroffen werden. "Selbstverständlich kann jemand im Verlauf der Zeit auch hinauf- oder heruntergestuft werden", so Prechtl. 

Künftige Unterbringung noch offen
Josef F. wird in einigen Wochen die Justizanstalt St. Pölten verlassen müssen, in der er seit Ende April 2008 als U-Häftling untergebracht ist. Grundsätzlich sollte der bald 73-Jährige in die Sonderanstalt Wien-Mittersteig kommen - diese ist allerdings überbelegt, so dass F. in einem herkömmlichen Gefängnis landen könnte.

Zum Stichtag 1. Februar 2009 befinden sich in Österreich 406 Personen, die zwar zurechnungsfähig, aber geistig abnorm sind, im sogenannten Maßnahmenvollzug. Speziell der Unterbringung solcher Straftäter dient die Sonderanstalt Wien-Mittersteig. "Aufgrund des dortigen Platzmangels müssen wir aber abnorme, zurechnungsfähige Rechtsbrecher auch in den großen Justizanstalten unterbringen, wo es Sonderabteilungen für solche Fälle gibt", erklärte Prechtl.

So finden sich derzeit 101 derartige Straftäter in der Justizanstalt Stein, 76 in Graz-Karlau und 60 in Garsten. Elf Insassen sind in der auf Jugendliche ausgerichteten Anstalt Gerasdorf, elf Frauen in der auf weibliche Häftlinge beschränkten Anstalt Schwarzau untergebracht. Noch einmal 17 Personen befinden sich in der Anstalt Göllersdorf und diversen gerichtlichen Gefangenenhäusern. Josef F. könnte also in Stein, Garsten oder in der Karlau landen. 

Josef F. bleibt für immer weggesperrt
Der zu lebenslanger Haft verurteilte Josef F. könnte theoretisch im Alter von 89 Jahren auf freien Fuß kommen. "Lebenslange" haben frühestens nach Verbüßung von 15 Jahren die Möglichkeit, ihre bedingte Entlassung zu beantragen. Im Fall von Josef F. müsste allerdings vorher noch ein Psychiater bescheinigen, dass der Mann, von dem laut aktuellem psychiatrischem Gutachten noch immer eine aus seiner Persönlichkeitsstörung resultierende Gefährlichkeit ausgeht, "geheilt" ist. Justizexperten halten die Möglichkeit, dass Josef F. je wieder in Freiheit kommt, für ausgeschlossen.

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