Debütantin getötet

Jus-Student nach Mord zu 20 Jahren Haft verurteilt

Wien
24.04.2012 14:56
Ein 22-jähriger Jus-Student, der in der Nacht auf den 31. August 2011 seine Ex-Freundin Claudia L. erstochen hatte, ist am Dienstag im Wiener Straflandesgericht wegen Mordes zu 20 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er hatte der 18-Jährigen im Zuge eines Streits 24 Stich- und 14 Schnittverletzungen zugefügt. Der einstimmige Schuldspruch ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Günter Harrich sowie die Staatsanwältin meldeten Rechtsmittel an.

Die jungen Leute waren seit Herbst 2009 ein Paar gewesen. Zunächst führten sie eine Fern- bzw. Wochenendbeziehung, da der gebürtige Kärntner in der Bundeshauptstadt studierte, während die Steirerin in ihrer Heimat noch die Schule beendete. Im Vorjahr zog sie dann zu ihm. "Ab Februar 2011 haben wir versucht, uns als junges Paar in Wien zu etablieren", erzählte der Angeklagte den Geschworenen.

"Er hat ihr zu viel geklammert"
Alles schien zunächst eitel Wonne: Das Mädchen eröffnete als Debütantin den Opernball, fand eine Anstellung in einem Haubenlokal und hatte Aussichten auf einen Model-Vertrag. Im selben Ausmaß, in dem sich für sie die Welt öffnete, reduzierte sich jedoch ihr Interesse an ihrem Freund. "Er hat ihr zu viel geklammert", stellte die Staatsanwältin fest.

Psychiater Werner Brosch, der den 22-Jährigen im Auftrag des Gerichts untersucht hatte, beschrieb diesen als "Ich-schwachen, traumverlorenen Menschen, der am Beginn seines Erwachsenenlebens steht". Er habe Claudia L. "in überproportionalem Ausmaß zu seiner Identität und für sein Selbstwertgefühl gebraucht".

"Erste große Liebe seines Lebens"
Im Juli lernte die 18-Jährige bei einem Kurzausflug nach Deutschland einen anderen - offenbar interessanteren - Mann kennen. Zunächst zog sie sich weiter von ihrem Freund zurück, schließlich erklärte sie die Beziehung für beendet. "Für mich ist eine Welt zusammengebrochen. Ich war wie am Boden zerstört. Ich hab' mich sehr abhängig gemacht von ihr. Ich hab' das Gefühl gehabt, ohne sie nicht leben zu können", schilderte der Student seine Gefühlslage. Claudia sei "die erste große Liebe seines Lebens gewesen", gab auch Verteidiger Günter Harrich zu bedenken.

Allzu konsequent kehrte die 18-Jährige ihrem Ex-Freund allerdings nicht den Rücken. Sie blieb weiter bei ihm wohnen, versicherte, mit ihm "gut befreundet" sein zu wollen. Wenn ihr langweilig war, rief sie ihn an und klagte, ihr sei "fad". Als sie den Führerschein machte, bat sie ihn, mit ihr zu lernen, wobei es wieder zu "Kuscheleien" kam.

"Habe leider das Messer geholt"
In der Nacht auf den 31. August kam es zu einem kurzen Gespräch, als sie in der Wohnung am Computer saß und er gegen Mitternacht aus dem Schlaf erwachte. Nachdem er ein paar Tage zuvor bereits mit einem Selbstmordversuch versucht hatte, sie zurückzugewinnen, habe sie ihn nun wissen lassen, er sei "kein Mann für mich", zitierte der Angeklagte seine Ex-Freundin.

Sie habe ihm auch gestanden, mit dem anderen Mann in Deutschland geschlafen zu haben: "Ich war gedemütigt von ihr." Daraufhin habe er "leider das Messer geholt". Er habe "anscheinend Wut bekommen. Ich hab' das als Angriff auf mich gesehen". Die Anzahl der vom Gerichtsmediziner festgestellten Verletzungen hätte ihn "erschreckt", versicherte der 22-Jährige. Er könne sich maximal an drei Stiche erinnern.

Sie hatte "eine Scheißangst"
Eine Kellnerin, die sowohl mit dem Angeklagten als auch der 18-Jährigen befreundet war, hatte Claudia L. vor ihrem Ableben noch gesehen - das spätere Opfer habe sie kurze Zeit vor der Bluttat noch in ihrem Lokal besucht. Die Zeugin gab an, es sei vereinbart gewesen, dass Claudia L. die Nacht nicht mehr bei ihrem Ex-Freund verbringe. Dann - offenbar nach Erhalt einer SMS - sei die 18-Jährige jedoch mit den Worten, er "brauche sie", aufgestanden und habe das Lokal in Richtung seiner Wohnung verlassen. 

Um 0.31 Uhr erhielt die Kellnerin einen Anruf von Claudia L., die meinte, sie habe "eine Scheißangst". Die Kellnerin forderte die 18-Jährige auf, sich in ein Taxi zu setzen und zu ihr zu kommen. Wenige Minuten später dürfte es aber zu der tödlichen Messerattacke gekommen sein.

"Ich habe eure Tochter ermordet"
Laut Anklage hatte der 22-Jährige nach den zahllosen Stichen die leblos vor ihm Liegende noch zu reanimieren versucht. Doch jede Hilfe kam zu spät. Als er dies erkannte, ging der Jus-Student duschen, zog sich neue Kleider an und schickte Claudias Eltern eine SMS: "Es tut mir von Herzen leid. Ich bin psychisch krank. Ich habe eure Tochter Claudia ermordet." Im Anschluss teilte er seinem Vater mit: "Eines Tages verstehst du mich. Ich bin krank." 

Dann kontaktierte er die Polizei und ließ sich beim Eintreffen der Sicherheitskräfte unweit des Tatorts auf der Reinprechtsdorfer Straße widerstandslos festnehmen.

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