Antrag aufgetaucht

Justiz ist seit Ende Juli hinter Grassers Konten her

Österreich
14.09.2010 07:50
Die Staatsanwaltschaft Wien ist bei den Ermittlungen gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser offenbar weitaus intensiver tätig, als sie offiziell erkennen lässt. Am Montag ist ein Gerichtsbeschluss aufgetaucht, mit dem sich die Justiz schon seit Ende Juli 2010 über etwaige Konten und Vollmachten Grassers bei heimischen Banken Auskunft verschaffen kann. Die Staatsanwaltschaft Wien hat den Beschluss auf krone.at-Anfrage bestätigt. Grasser-Anwalt Manfred Ainedter spricht von einem "unfassbaren Skandal".

Die "Anordnung der Auskunftserteilung" richtet sich laut einer Aussendung des Magazins "profil", in der aus dem Dokument zitiert wird, an alle österreichischen Banken bzw. ihre Fachverbände. Der Antrag ist mit 28. Juli 2010 datiert und wurde tags darauf vom Landesgericht für Strafsachen bewilligt.  

Den Behörden haben die heimischen Banken demnach bekannt zu geben, ob Grasser "im Zeitraum von Anfang 2001 bis laufend" eine "Geschäftsverbindung unterhält/unterhielt" oder eine "Geschäftsverbindung - etwa via eine Zeichungsberechtigung - kontrolliert(e)" oder eine "Vollmacht zur Verfügung über eine Geschäftsführung besitzt/besaß". 

Beschluss ist keine Kontoöffnung
Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte am Montag gegenüber krone.at den Beschluss, wies aber darauf hin, dass dieser nicht für die Öffentlichkeit gedacht sei und daher inhaltlich nicht kommentiert werde. Wie der Beschluss zu "profil" gelangte, ist freilich unklar.

Wie StA-Sprecherin Michaela Schnell auf krone.at-Nachfrage präzisierte, handelt es sich bei einem derartigen Beschluss im Allgemeinen aber nicht um die viel zitierten Kontöffnungen, wie sie bei den Ermittlungen gegen Grasser von verschiedenen Seiten immer wieder gefordert wurden. Vielmehr geht es bei einer "Anordnung auf Auskunftserteilung" generell um eine Fachverbandsabfrage, die - falls ausgeführt - dem ermittelnden Staatsanwalt einen Überblick auf die Konten und Vollmachten einer Person verschafft.

Mit diesen Daten kann die Justiz dann einerseits diese Person direkt konfrontieren, um etwa eine Stellungnahme oder freiwillige Auskunft zu erreichen bzw. vor Gericht eine Öffnung eines konkreten Kontos beantragen, um dann sämtliche Bewegungen und Zugriffe einsehen zu können. Ob dies im Fall Grasser getan wurde bzw. ob die "Anordnung auf Auskunftserteilungen" in den Ermittlungen bereits eingesetzt wurde, wollte die Sprecherin gegenüber krone.at nicht kommentieren. Und zwar könnte dazu "aus ermittlungstaktischen Gründen" keine Stellungnahme abgegeben werden, hieß es. 

"Dringender Tatverdacht"
In dem Beschluss ist jedenfalls in Sachen Verdachtslage neben Untreue auch von Geschenkannahme die Rede, wie sie seit der jüngsten Einvernahme Grassers, nach der sich der Ex-Politiker praktisch vollständig entlastet sah, gerüchteweise durch den Blätterwald rauscht. Die Staatsanwaltschaft Wien begründete ihren Antrag auf Anordnung der Auskunftserteilung mit "dringendem Tatverdacht" bezüglich des "Verbrechens der Untreue" in Zusammenhang mit dem "Verkauf der Bundeswohngesellschaften". Darüber hinaus äußerte die Staatsanwaltschaft den Verdacht, dass Grasser bei der "Änderung des Glückspielsgesetzes" einen finanziellen "Vorteil angenommen" hat und dadurch "das Verbrechen der Geschenkannahme durch Beamte" begangen hat, zitiert "profil". 

Die angeordnete Auskunft sei "zur Aufklärung der bezeichneten Straftat erforderlich, weil einzig die vollständige Kenntnis aller Bankkonten, über die Mag. Karl-Heinz Grasser in Österreich verfügungsberechtigt ist, eine Bestätigung oder Entkräftung des Vorwurfes, er habe für bzw. durch die obgenannten Tathandlungen Geldzahlungen erhalten, ermöglicht", so der tags darauf gerichtlich bewilligte Antrag der Staatsanwaltschaft wörtlich.

Grasser-Anwalt ortet "unfassbaren Skandal"
Laut "profil" soll Grasser-Anwalt Ainedter dem Magazin gegenüber zunächst dementiert haben, etwas über Kontoauskünfte bzw. den Beschluss gewusst zu haben. Allerdings sagte er: "Wir haben stets angeboten, sämtliche Konten offenzulegen, und werden dies auch tun." Die Austria Presseagentur berichtete dann wiederum, Ainedter habe den Beschluss "bestätigt". Jedenfalls ist Ainedter alles andere als erfreut über die "profil"-Aussendung: Dass das Papier in den Medien auftauche, sei ein "Bruch des Amtsgeheimnisses" und ein "unfassbarer Skandal", meinte der Anwalt. Grasser - für den die Unschuldsvermutung gilt - hat stets alle Vorwürfe zurückgewiesen.

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