Man musste fast ein bisschen Mitleid haben mit den Vertretern des Finanzministeriums und des Bundeskanzleramtes bei der Verhandlung zum Thema Registrierkassenpflicht im Verfassungsgericht. Denn die Höchstrichter nahmen sie in die Mangel. Viele - verfassungsrechtliche? - Bedenken könnten das Gesetz kippen.
Den Gang zum Höchstgericht wagten ein Taxiunternehmer, eine Modeschmuck-Designerin und ein Tischler, alle vertreten von Anwältin Alexandra Cortolezis. So unterschiedlich ihr Gewerbe, so ähnlich die Bedenken: Sie als klassisch "kleine Unternehmer" fühlen sich durch die Registrierkassenpflicht "generell unter Betrugsverdacht". Die Regelung sei unverhältnismäßig (Kosten für die Anschaffung), ungeeignet und nicht notwendig.
Besondere Krux beim Tischler: Er fällt überhaupt erst in die Registrierkassenpflicht, weil er im April 2015 (!) - also noch vor Inkrafttreten der Verordnung - einen größeren Auftrag bar bezahlt bekommen hatte. Hätte er komplett auf bargeldlosen Geldverkehr umgestellt gehabt, wäre er gar nicht betroffen gewesen.
Gesetz in sich widersprüchlich
Umgekehrt gilt aber für dieses Gesetz eine Bankomatzahlung wie Bargeld - ein Widerspruch! Und ein Faktum, das ein Verfassungsrichter beklagte: "Da gibt es eigentlich schon Erlässe, und zwar aus dem Jahr 2010, wonach dem nicht so ist und sein darf!"
Auch sonst sparten die Verfassungsrichter nicht mit - ungewohnt - scharfen Fragen und - unverhohlener - Kritik. Seit 200 Jahren gebe es Fristen, die frühestens ab Einführung eines Gesetzes gelten. Bei der Registrierkassenpflicht können aber Umsätze rückwirkend bis ins Jahr 2014 (!) entscheiden, ob ein Unternehmer darunterfällt oder nicht.
Es gibt kein Ausstiegsszenario. Was macht ein Kleinunternehmer mit der angeschafften Registrierkasse, wenn ihn die Pflicht in den Folgejahren nicht mehr treffen sollte? Warum soll die Registrierkassenpflicht sicherer gegen Steuerbetrug sein als das gute alte "Paragon-System" (Rechnung via Durchschreibeblöcke)?
Auch die Anwältin der drei Unternehmer weitet ihre Argumentation aus: "Hausapotheker oder Apotheken - hier verstößt man gegen den Datenschutz!"
Wieder neue Vorschrift ab 1.1.2017
Denn die Registrierkassen sind ab 1.1.2017 direkt mit der Finanzbehörde verbunden, es gibt also direkten Zugriff auf ausgestellte Rechnungen - und Umsätze. Auf der Apothekenrechnung scheinen aber Patientendaten (Medikamente) auf!
Apropos 1.1.2017: Da müssen die Registrierkassen einen Manipulationsschutz vorweisen. Heißt im Klartext: Hat sich jetzt ein Unternehmer eine Registrierkasse angeschafft, bedeutet das noch lange nicht, dass diese auch 2017 gesetzeskonform ist. Denn die genaue technische Ausstattung wurde erst später vorgegeben. Es ist zu hoffen, dass noch im März entschieden wird - um die Malaise für Kleinunternehmer möglichst gering zu halten.
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