Als Hauptgrund für den Höchststand seit 1945 nennt die Kirche das gehäufte Bekanntwerden der teilweise Jahrzehnte zurückliegenden Missbrauchsfälle. Mit Stichtag 31. Dezember 2010 gab es noch rund 5,45 Millionen Katholiken in Österreich. Ein Jahr zuvor zählte die Kirche 5,53 Millionen Mitglieder.
Der starke Anstieg bei den Kirchenaustritten ereignete sich nach Angaben der Diözesen vor allem in der ersten Jahreshälfte 2010 und ist im Sommer wieder deutlich zurückgegangen. Die Zahl der Kircheneintritte im vergangenen Jahr ist in geringem Maße rückläufig. Konnte die Kirche 2009 noch 4.650 Neuaufnahmen verzeichnen, waren es im letzten Jahr nur noch 4.091.
Die meisten Austritte gab es in Wien
Die Diözese Wien führt mit 25.314 Personen die Liste der Kirchenaustritte in Österreich an. Dies sind nahezu 10.000 Katholiken mehr als noch im Jahr 2009, was somit einem Plus von 47 Prozent entspricht. Die Zahl von 922 Eintritten in Wien ist hingegen verschwindend gering. An zweiter Stelle rangiert die Diözese Graz-Seckau mit 15.103, an dritter die Diözese Linz mit 13.942 Austritten. 2009 wollten in Graz nur 8.875, in Linz 9.338 Personen ihre Zugehörigkeit zur katholischen Kirche annullieren.
Die Diözese St. Pölten, die Erzdiözese Salzburg sowie die Diözesen Innsbruck, Gurk und Feldkirch bleiben bei der Zahl der Kirchenaustritte im Mittelfeld. 7.720 Kirchenmitglieder verließen die Kirche in St. Pölten, in Salzburg waren dies 7.163. In Tirol und Kärnten belaufen sich die Zahlen der Austritte zwischen 5.000 und 6.000, Vorarlberg verzeichnet 4.709 Mitglieder weniger im Jahr 2010. Schlusslicht in dieser Statistik bildet das Burgenland mit 1.971 Personen, die ihre Kirchenmitgliedschaft ablegten, und nur 69, die zum Christentum konvertierten.
Schönborn sieht "Zeichen neuer Freiheit"
Ein "Zeichen neuer Freiheit" sieht Kardinal Christoph Schönborn im Rekordhoch bei den Kirchenaustritten. Grund dafür sei die Entwicklung "vom Traditionschristentum zum Entscheidungschristentum". Dennoch sei jeder einzelne Austritt in Österreich "schmerzlich", so Schönborn weiter. Der innerkirchliche Missbrauchsskandal habe die hohe Zahl an Kirchenaustritten im Jahr 2010 sicherlich beschleunigt, die Ursachen für einen solchen Schritt würden letztlich aber meist viel tiefer liegen.
Auch der Grazer Bischof Egon Kapellari zeigte sich am Dienstag "betroffen" über die hohen Austrittszahlen. Zugleich wies er aber darauf hin, dass für viele Ausgetretene diese Entscheidung nur der letzte Schritt einer schon lange in Gang befindlichen Entfernung gewesen sei. Sie hätten den Eindruck, die Kirche werde heute nicht mehr gebraucht und habe wenig Relevanz für das eigene Leben. Kapellari: "Solche Entscheidungen haben wir zu respektieren."
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