Der IS hat sich Zehntausende echte Passdokumente beschafft. In Syrien, im Irak und in Libyen hätten die Extremisten in mehreren Städten die offiziellen Ämter und Behörden übernommen, dabei Blanko-Pässe und auch Maschinen zur Produktion von Ausweisdokumenten erbeutet, berichtete die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf westliche Geheimdienste. Die Dschihadisten sind aber nicht nur an arabischen Papieren interessiert: Auf dem Flughafen Istanbul wurden zwei Männer verhaftet, die rund 150 europäische Reisepässe, darunter auch österreichische, in die Türkei schmuggeln wollten.
Die Dokumente wurden in der Vorwoche in kleinen Pizzaöfen versteckt gefunden, zusammen mit Kameras und SIM-Karten. Bei einem der Schmuggler habe es sich um einen Belgier türkischer Herkunft gehandelt, berichtete die "Welt am Sonntag". Beide würden verdächtigt, im IS-Auftrag unterwegs gewesen zu sein. Der türkische Journalist Mete Sohtaoglu twitterte ein Foto von den insgesamt 148 beschlagnahmten Pässen, unter denen auch zwei österreichische zu erkennen sind.
Laut der "Welt am Sonntag" betreibe die IS-Miliz mit den arabischen und europäischen Pässen einen regen Handel. Solche "echten falschen Pässe" seien schon für 1000 bis 1500 Dollar auf dem Schwarzmarkt zu haben. Sicherheitsbehörden befürchten demnach, dass die Dschihadisten die Pässe nutzen, um Attentäter als Flüchtlinge getarnt nach Europa zu schleusen.
"Aussagekraft von Flüchtlingspässen sehr begrenzt"
Der Chef der europäischen Grenzsicherungsbehörde Frontex, Fabrice Leggeri, sagte der Zeitung: "Die großen Ströme von Menschen, die derzeit unkontrolliert nach Europa einreisen, stellen natürlich ein Sicherheitsrisiko dar." Die Frontex-Beamten kontrollieren demnach zwar genau, ob Flüchtlinge möglicherweise mit gefälschten oder gestohlenen Papieren einreisen, jedoch "ist die Aussagekraft von Flüchtlingspässen aus unserer Sicht sehr begrenzt", so Leggeri. In einem Bürgerkriegsland wie Syrien könne niemand garantieren, "dass die Dokumente, die echt aussehen, auch wirklich von einer offiziellen Behörde ausgestellt wurden bzw. vom rechtmäßigen Inhaber mitgeführt werden".
Mindestens zwei der Attentäter der islamistischen Anschlägen von Paris am 13. November sollen Anfang Oktober mit syrischen Pässen über Griechenland in die EU eingereist sein. Sie sollen dabei Ausweise verwendet haben, die der IS in der syrischen Stadt Rakka gestohlen hatte. In Österreich hatte die Polizei jüngst zwei weitere Verdächtige in einem Flüchtlingsheim in Salzburg festgenommen. Die beiden Männer sollen mit Pässen aus derselben Tranche aus Rakka nach Europa gekommen sein.
Nach Informationen der "Welt am Sonntag" übermittelte ein ausländischer Geheimdienst jüngst deutschen Behörden eine Liste mit Passnummern jener Dokumente, die von der IS-Miliz in der Stadt erbeutet worden sein sollen. Die Daten seien inzwischen im Schengener Informationssystem eingespeist worden. So solle ein Einsickern weiterer Attentäter verhindert werden, hieß es.
Aus dem Archiv: Video zeigt dramatische Befreiung von IS-Geiseln
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