Mord an Schwester

Lebenslange Haft für 36-Jährigen nach Bluttat in Hall

Österreich
30.09.2010 22:31
Es sind schreckliche Szenen gewesen, die sich am 4. Dezember in einer Wohnung in Hall in Tirol abgespielt haben. Vor den Augen ihrer Kinder (4 und 8 Jahre) ist eine 29-Jährige von ihrem Bruder mit einem Küchenmesser erstochen worden. Die Ehefrau des Mannes überlebte schwer verletzt. Am Donnerstagabend wurde der 36-jährige Türke am Innsbrucker Landesgericht zu lebenslanger Haft verurteilt.

Die Geschworenen sprachen ihn mit sechs zu zwei Stimmen des Mordes an seiner Schwester schuldig. Er wurde außerdem schuldig gesprochen, seine Ehefrau schwer verletzt zu haben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte muss seiner Ehefrau außerdem 3.000 Euro Schmerzensgeld bezahlen. Verteidiger Andreas Oberhofer meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.

Bluttat ging Ehestreit voraus
Der 36-Jährige bekannte sich am Donnerstag teilweise schuldig. Er habe seine Schwester nicht umbringen wollen und könne sich an die Tat selbst nicht einmal erinnern. "Ich war plötzlich voller Blut", so der Mann vor Gericht. Laut Staatsanwältin Erika Wander sei der blutigen Auseinandersetzung lediglich "ein banaler Ehestreit" vorausgegangen. Die Frau habe nämlich unerlaubt mit ihrer Mutter telefoniert, woraufhin der Ehemann ihr mit dem Telefonhörer auf den Kopf geschlagen habe. Überhaupt sei es in der Ehe öfters zu Handgreiflichkeiten gekommen. 

Vor allem ein unerfüllter Kinderwunsch trug zu Konflikten zwischen dem Paar bei. Die Frau wollte ein Kind adoptieren, der Mann war dagegen. Der Auslöser für eine ziemliche heftige Ehekrise. Die Frau wies ihren Gatten daraufhin immer mehr zurück.

Zu Schwägerin nach Hall gezogen
Am Tag der Bluttat hatte die Frau endgültig beschlossen, ihren Mann zu verlassen. Die Schwester ihres Ehemannes bot ihr Hilfe an, und sie packte daraufhin ihre Sachen und zog zu ihrer Schwägerin nach Hall. Als ihr Ehemann sie am Abend zurückholen wollte, eskalierte die Situation in der Wohnung. Auf "massivste Art und Weise" habe der Angeklagte auf seine Schwester eingestochen, führte die Staatsanwältin bei ihrem Eröffnungsplädoyer aus. 15 Messereinstiche habe man am Körper der Frau festgestellt.

Anwalt: "Ein Blackout"
Verteidiger Andreas Oberhofer bezweifelte, dass sein Mandant mit Vorsatz gehandelt habe. Er habe, als er die Wohnung in Hall betrat, auf keinen Fall vorgehabt, jemanden zu verletzen. Immerhin sei anfangs ja noch alles ganz gesittet abgelaufen. Der 36-Jährige habe seine Schwester bei der Begrüßung geküsst, mit seinen Neffen gespielt und es sei Tee gekocht worden. Erst die Beschimpfungen durch die Schwester hätten zur Eskalation und schließlich zum "Blackout" des Angeklagten geführt.

Es sei zu einer "emotionalen Entladung" von bereits seit Längerem aufgestauten Konflikten gekommen. Auch eine schwere Erkrankung des Beschuldigten führte Oberhofer ins Treffen. Er sei in jungen Jahren an Leukämie erkrankt, die Behandlung habe massive Probleme mit seinen Gelenken verursacht. Der Türke erschien am Donnerstag auf eine Krücke gestützt im Verhandlungssaal.

Ehefrau: "Er hatte das Messer bereits dabei"
Die Ehefrau des Angeklagten, die die Attacke im Dezember schwer verletzt überlebt hatte, belastete ihren Mann durch ihre Zeugenaussage. Ihre Einvernahme wurde per Video eingespielt. Sie selbst war bei der Verhandlung nicht anwesend. Die 30-Jährige sagte aus, dass ihr Mann seiner Schwester die Schuld für eine drohende Scheidung gegeben habe. Sie habe ein Telefongespräch mitgehört, in dem der Türke ihrer Schwägerin diesen Vorwurf gemacht habe.

Außerdem sagte die ebenfalls aus der Türkei stammende Frau aus, dass ihr Mann das Messer bereits dabei hatte, als er die Wohnung betrat. Er habe es unter seiner Jacke versteckt und es habe zu Hause gefehlt. Die psychologische Sachverständige, Karin Kramer-Reinstadler, attestierte dem Beschuldigten zwar eine depressive Anpassungsstörung, erklärte ihn aber für voll zurechnungsfähig. Die Gedächtnislücken des Angeklagten seien ihrer Ansicht nach in erster Linie auf Verdrängung zurückzuführen.

"Stiche mit erheblicher Wucht ausgeführt"
Der 36-Jährige habe zumindest neunmal auf seine Schwester eingestochen, führte der medizinische Sachverständige, Walter Rabl, aus. Dabei habe er ein Küchenmesser mit einer rund 14 Zentimeter langen Klinge benutzt. Zum Teil seien die Stiche mit erheblicher Wucht ausgeführt worden, die auch Rippenverletzungen zur Folge hatten. Die Todesursache sei rascher Blutverlust gewesen. Auch seine Ehefrau trug nach Angaben des Sachverständigen Verletzungen davon, die ohne medizinische Behandlung zum Tod führen können.

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