Laut der im Auftrag der Wirtschaftskammer im Juli und August durchgeführten Umfrage des Linzer market-Instituts laufen die Angaben der Befragten in den nächsten sechs Monaten - auf alle österreichischen Arbeitgeber hochgerechnet - auf 150.000 fehlende Mitarbeiter hinaus, darunter etwa 90.000 Lehrlinge bzw. Personen mit Lehrabschluss.
Früher habe man bei der Personalsuche primär nach guten Vertriebsleuten Ausschau gehalten, "jetzt ist das Thema geeignete Mitarbeiter/Qualifikation in den Vordergrund gerückt", sagte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl bei der Präsentation der Umfrage am Montagabend. "Es ist eine Perversität ersten Ranges, einerseits unter einem Fachkräftemangel zu leiden, aber gleichzeitig zuzuschauen, wie Fachkräfte vorzeitig in Pension gehen", so Leitl. Es handle sich beim Fachkräftemangel aber nicht um ein exklusiv österreichisches, sondern um ein "weltweites Problem".
WK will Ältere mit Prämien im Erwerbsleben halten
Als kurzfristigen Lösungsansatz will die Kammer den Verbleib älterer Arbeitskräfte im Arbeitsleben mit Prämien für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gefördert sehen. Längerfristig sollen Ausbildungsreformen, die Aufwertung der Lehre, eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen, qualifizierte Migration und neue Vorschriften am Arbeitsmarkt helfen.
57 Prozent der von "market" Befragten glauben, dass die Suche nach geeigneten Mitarbeitern in den kommenden Monaten schwieriger wird, nur 27 Prozent sagen das Gegenteil. Je größer das Unternehmen, desto stärker ist die Neigung, Mitarbeiter einzustellen, und desto stärker wird die Mitarbeitersuche als Herausforderung empfunden, sagte market-Chef Werner Beutelmeyer.
Arbeitgeber orten Mängel bei Qualifikation und Motivation
Als größte Probleme bei der Suche nach Arbeitskräften nennen die Arbeitgeber zu geringe fachliche Qualifikationen (59 Prozent) und mangelnde Motivation (61 Prozent). Zu hohe Lohnvorstellungen werden nicht als vordringliches Problem gesehen. Bei den Lehrlingen bemängeln relative Mehrheiten einen zu geringen Leistungswillen, mangelnde Umgangsformen sowie den Umstand, dass es "den Bewerbern an Grundkenntnissen wie Lesen, Rechnen und Schreiben fehlt".
Demografischer Hintergrund ist das Sinken der Geburtenzahl zwischen 1993 und 2001 um rund 20 Prozent. 2008 gab es im Land noch knapp 100.000 15-Jährige, bis 2016 erwartet man hier einen Rückgang auf 85.000. Dazu kommt, dass die Wirtschaft fürchtet, den Wettbewerb um die jungen Leute zu verlieren, wie Leitl am Montag sagte. Wenn die Besten in (nicht berufsbildende) höhere Schulen gingen und andere die Lehre bei "klingenden Namen" in der Industrie machten, "bleibt für den breiten Mittelstand nur wenig über".
Die Lehrlingsentschädigungen müssten sich dieser Entwicklung anpassen und seien in den vergangenen Jahren auch schon deutlicher gestiegen: "Der Tag wird kommen, an dem man Burschen ein Motorrad schenken muss, dass sie in den Betrieb kommen", so Leitl.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.