Bericht liegt vor

Mängel bei umstrittenem Abdullah-Zentrum

Österreich
27.01.2015 10:10
Der angekündigte Evaluierungsbericht zum umstrittenen König-Abdullah-Zentrum für Interreligiösen Dialog ist fertig. Das Außenministerium sieht Mängel bei dem Zentrum, eine Reform sei demnach notwendig. Eine Schließung könne aber auch Nachteile für Österreich bringen. Österreich habe "viel zu verlieren", sagte ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka in einer ersten Reaktion auf den Bericht. "Es geht hier um den Ruf der Republik, um den Ruf der Stadt Wien."

Das Zentrum mit Amtssitz in Wien ist zuletzt massiv in die Kritik geraten: Es gab keinerlei Distanzierung zur Auspeitschung des saudi-arabischen Bloggers Raif Badawi seitens der von Saudi-Arabien finanzierten Organisation.

In dem nun fertiggestellten Evaluierungsbericht, der der "Krone" vorliegt, werden Mängel in Struktur und Arbeitsweise des Zentrums sowie in seiner Kommunikationspolitik festgestellt. "So war es dem Zentrum aufgrund seines beschränkten Mandates bis zuletzt nicht möglich, konkrete Verletzungen der Religions- und Gewissensfreiheit aufzuzeigen und zu verurteilen."

Sofortige Schließung wäre Völkerrechtsbruch
Eine tiefergreifende Reform sei daher unerlässlich, heißt es in dem Papier des von Sebastian Kurz (ÖVP) geleiteten Ministeriums. Eine sofortige Schließung des Zentrums sei allerdings "nur unter Missachtung der völkerrechtlichen Verträge möglich, da Österreich völkerrechtlich durch das Gründungsübereinkommen und das Amtssitzabkommen gebunden ist". Und: "Ein solches Vorgehen würde einen Rechtsbruch darstellen und wäre unvereinbar mit dem internationalen Engagement Österreichs für Rechtsstaatlichkeit."

Als Handlungsoptionen nennt das Außenministerium einerseits die "Beibehaltung des Zentrums mit der Zielsetzung einer umfassenden Reform und Neuaufstellung in Zusammenarbeit mit den Vertragsparteien und unter Mitwirkung der darin vertretenen Religionsgemeinschaften", andererseits den "Austritt Österreichs aus dem Zentrum und Abzug aus Wien".

Bericht warnt: Schließung könnte Österreichs Ruf schaden
Der Bericht warnt auch, dass nicht nur die Beziehungen zu Saudi-Arabien belastet werden könnten, sondern auch Österreichs Ruf als verlässlicher Sitzstaat internationaler Organisationen beschädigt werden könnte. Schlusssatz: "Eine Auflösung des Zentrums würde die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien nicht ändern."

Aus ÖVP-Kreisen erfuhr die "Krone" Dienstag früh, dass man dennoch jede Entscheidung von Kanzler Werner Faymann in der Sache akzeptieren werde, weil eine Neuaufstellung des Zentrums gegen seinen Willlen außenpolitisch wohl nicht machbar wäre.

Lopatka: "Faymann soll Kampagne einstellen"
Scharfe Worte gegenüber dem Kanzler fand allerdings ÖVP-Klubchef Lopatka nach der Veröffentlichung des Berichts. Er appellierte dringend an Faymann, der zuletzt seinen Wunsch nach einem Ausstieg Österreichs bekräftigt hatte, "seine Kampagne zumindest eine Zeit lang einzustellen". Es sei "schwer nachvollziehbar", wie der Bundeskanzler, der seinerzeit das Abkommen mitunterzeichnet habe, "jetzt plötzlich als Oppositionspolitiker agiert", so Lopatka. Das Verhalten Faymanns "schadet hier wirklich". Es wäre wichtig, dass Österreich gemeinsam nach außen auftritt, forderte der ÖVP-Klubchef.

Der grüne Nationalratsabgeordnete Peter Pilz wirbt - wie berichtet - bei den anderen Parteien bereits um Unterstützung für einen U-Ausschuss: "Das ist innenpolitisch von großer Bedeutung: Es ist restlos aufzuklären, wie der radikale Islamismus der Saudis von der österreichischen Regierung gefördert wird."

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