Er kennt die nordafrikanischen Maghreb-Staaten wie seine Westentasche - der Salzburger Vermessungstechniker Günther Fleischmann, der als Honorarkonsul für Marokko tätig ist. Die "Oberösterreich-Krone" wollte unter anderem von ihm wissen, wie er die Situation am Linzer Hauptbahnhof beurteilt. Seine ernüchternde Prognose: "Die Marokkaner haben einfach nichts mehr zu verlieren."
"Krone": Sie sind marokkanischer Honorarkonsul, kennen die nordafrikanischen Maghreb-Staaten, also Tunesien, Algerien und Marokko, sehr gut.
Günther Fleischmann: Ja, wir haben ein Vermessungsbüro mit 50 Angestellten in Algier, mein Sohn ist mit einer Algerierin verheiratet. Der Maghreb und das Denken der Menschen dort sind mir sehr vertraut.
"Krone": Viele Oberösterreicher fragen sich, warum ausgerechnet aus dem Königreich Marokko, in dem ja gar kein Krieg herrscht, immer mehr junge Männer nach Europa und in der Folge - als "Rückfluter" - in unser Bundesland strömen.
Fleischmann: Seit Jahren gibt es in Marokko große Probleme mit der Arbeitslosigkeit, gleichzeitig gab es einen starken Anstieg der Bevölkerung unter 30 Jahren. Das gilt eigentlich für alle arabischen Staaten. Algerien hatte zum Beispiel 1962 acht Millionen Einwohner - heute sind es 34 bis 36 Millionen. Zudem gibt es eine Menge studierter Leute, die zum Teil - ähnlich wie bei uns - keine passende Arbeit finden. Durch Satelliten-TV und Internet sehen sie aber, wie es in anderen Ländern zugeht.
"Krone": Die jungen Marokkaner wollen ein besseres Leben.
Fleischmann: Genau. Viele junge Männer haben die Chance genutzt, mit anderen Einwanderern mitzuschwimmen, geben sich als Afghanen aus. Sie werden aber von den Dolmetschern aufgrund ihres Dialekts schnell erkannt.
"Krone": Warum will Marokko die "Ausreißer" nicht zurück?
Fleischmann: Ganz einfach: Sie haben genug Leute. Die Regierung ist an sich ganz umgänglich. Aber jene Marokkaner, die von Europa zurückgeschickt werden, müssen mit Gefängnisstrafen rechnen. Um das Verhalten der Marokkaner zu verstehen, die ja nicht nur in Linz, sondern auch in Salzburg und ganz besonders in Tirol Probleme machen, muss man sich eines klar vor Augen führen: Die haben einfach nichts zu verlieren. Zu Hause würden sie ein paar Jahre kein Tageslicht mehr sehen. Da geht keiner freiwillig zurück.
"Krone": Ihre Prognose?
Fleischmann: Jene Marokkaner, die schon da sind, werden in die Illegalität abtauchen. Das machen sie alle.
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