Nach dem Streit um die Asylantragszahlen, der innerhalb der Regierung für einige Irritationen sorgte, gibt es nun bereits den nächsten Zwist. Der Wunsch von Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern nach einer "Maschinensteuer" sowie einer Arbeitszeitverkürzung ist Anlass für die erste offen ausgetragene Meinungsverschiedenheit in der Koalitionsspitze seit dessen Amtsantritt. Widerspruch kam am Samstag von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner persönlich, der lapidar sagte, dass Kern mit seinem Vorstoß "nicht richtig liegt".
Kern hatte beim Landesparteitag der Kärntner SPÖ am Samstag in Klagenfurt gesagt, die Menschen hätten Ängste, es brauche aber eine Politik, die Hoffnung, nicht Sorgen nähre. "Das Wichtigste sind Jobs, Jobs, Jobs - Jobs, von denen die Menschen auch wirklich leben können." Bedeutend sei aber auch die Verteilungsfrage. Digitalisierung und Automatisierung brächten gewaltige Produktivitätsgewinne, aber es gingen auch viele Arbeitsplätze verloren.
"Müssen uns für eine 'Maschinensteuer' engagieren"
"Das Thema Arbeitszeitverkürzung wird auf die Agenda kommen", ebenso die Finanzierung des Sozialstaats, sagte Kern. Der Kanzler stellt sich eine Wertschöpfungsabgabe zusätzlich zur Lohnsteuer vor: "Man mag das 'Maschinensteuer' nennen - für die müssen wir uns engagieren." Ein weiteres Problem sei die Steuerflucht von Großunternehmen. "Globale Konzerne profitieren maßgeblich von Bildung, Infrastruktur und Konsumkraft in unserem Land." Dass etwa Google nur fünf Prozent Steuern zahle, gehe nicht an.
Mitterlehner lehnt Kerns Vorstoß rundweg ab
Mitterlehner ging daraufhin bei der Eröffnung des Bundeskongresses der Jungen ÖVP am Wolfgangsee auf Kerns Aussagen zur Beschäftigungspolitik ein. Wer glaube, "dass der Wirtschaftsstandort 'Maschinensteuern' statt Entlastungen oder Arbeitszeitverkürzung statt Flexibilisierung braucht, wird nicht richtig liegen", so der Vizekanzler laut einer Aussendung der Bundespartei.
Stattdessen wolle er im Zuge eines Wirtschaftspakts Entbürokratisierung und Deregulierung in den Fokus stellen. Der "Kultur der Regulierung" in den vergangenen Jahren müsse mit spürbaren Maßnahmen zum Bürokratieabbau begegnet werden, sagte der ÖVP-Chef, der betonte, eigentlich optimistisch gewesen zu sein, "als der neue Bundeskanzler - nach einer langen Zeit der Agonie - den Eindruck vermittelt hat, dass er, ebenso wie wir, weiß, was der Standort jetzt braucht".
SPÖ fordert "Maschinensteuer" seit den 80er-Jahren
Bei der "Maschinensteuer" handelt es sich um einen bereits in den 1980er-Jahren angeregten Vorschlag des damaligen SPÖ-Sozialministers Alfred Dallinger. Grundlage der Debatte ist, dass personalintensive Unternehmen im Zuge der immer weiter voranschreitenden Automatisierung bei den Sozialabgaben benachteiligt sind. Weil für deren Berechnung in Österreich ausschließlich die Lohnsumme als Basis dient, haben Betriebe mit vielen Mitarbeitern hohe Sozialkosten, stark technisierte Firmen hingegen weniger hohe.
SPÖ- und Gewerkschaftsvertreter greifen das Thema immer wieder auf. Im Vorjahr hatte sich etwa der damalige Sozialminister Rudolf Hundstorfer für eine Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge von der Gesamtwertschöpfung eines Betriebs eingesetzt, um damit eine Entlastung des Faktors Arbeit zu erreichen.
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