Flüchtlingsstreit

Minister legt nach: “Wien muss Verhalten ändern!”

Österreich
28.10.2015 15:00
Der Streit zwischen Österreich und Deutschland angesichts der aktuellen Flüchtlingskrise eskaliert zusehends. Am Dienstagabend hatte der bayrische Innenminister Joachim Herrmann erklärt, es gebe massive Probleme bei der Zusammenarbeit der Behörden: "Die Republik Österreich ist jetzt selbst als Schlepper tätig." Herrmann zufolge würden Polizei und Bundesheer die Flüchtlinge einfach "durchschleusen". Am Mittwoch legte dann auch Berlin nach: "Das Verhalten Österreichs in den vergangenen Tagen war nicht in Ordnung", sagte der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere.

In deutschen Medien war sogar von gezielter Täuschung der Flüchtlinge die Rede. Selbst wenn sie in Österreich um Asyl ansuchten, würden sie "ausgetrickst" und nach Deutschland geleitet. So berichtete bild.de (siehe Screenshot oben) von einem Flüchtling aus Syrien, dessen Asylantrag von österreichischen Grenzpolizisten abgelehnt worden sein soll. Stattdessen sei der junge Mann einfach nach Deutschland weitergeschickt worden. Und dabei soll es sich auch nicht um einen Einzelfall handeln, sondern um eine systematische Vorgehensweise der österreichischen Behörden. Der Vorwurf lautet: Österreich schiebt Tausende Flüchtlinge gezielt nach Deutschland ab.

Dabei habe der 27-jährige Syrer, der in dem "Bild"-Bericht genannt wird, für jeden sichtbar klargemacht, dass er in Österreich bleiben wollte: "I want have Asyl Austria", habe er auf ein Schild geschrieben. Doch dies sei offenbar vollkommen ignoriert worden. Einer Polizei-Dolmetscherin soll er später berichtet haben: Die Österreicher hätten ihm geraten, "er möge Richtung Grenze weitergehen, dort würde er nach Wien kommen". Dort kam er nie an.

Busse mit Flüchtlingen an der Grenze: Bayerns Innenminister Herrmann sieht Österreich als Schlepper. (Bild: APA/EPA/MARC MUELLER, APA/dpa/Armin Weigel)
Busse mit Flüchtlingen an der Grenze: Bayerns Innenminister Herrmann sieht Österreich als Schlepper.

Herrmann kritisiert "unverantwortliches Verhalten"
Bayerns Innenminister Herrmann hatte am Dienstag in diversen Radio- und TV-Interviews scharf in Richtung Österreich geschossen. Dass derzeit ohne Ankündigung Tausende Flüchtlinge an die Grüne Grenze zu Deutschland gebracht würden, sei ein "unverantwortliches Verhalten der österreichischen Regierung, das ich nur als skandalös bezeichnen kann", ärgerte sich der bayrische Innenminister etwa tagsüber vor Journalisten in München.

Allein vom Organisatorischen her wären manche Probleme zu reduzieren, wenn die österreichischen Behörden mit den Bayern reden würden, so Herrmann. Dies machten die Verantwortlichen in Österreich aber nicht. Mittlerweile liege eine Gefahr für die öffentliche Ordnung in Deutschland vor. "Das können wir uns von niemandem gefallen lassen und schon gar nicht von unserem Nachbarland Österreich", sagte der Minister und stellte in der ORF-"ZiB 2" folgende Forderungen auf: "Wir verlangen von Berlin eine Kurskorrektur und von Österreich verlangen wir, dass die Vereinbarungen eingehalten werden."

Der Innenminister schlug damit in dieselbe Kerbe wie sein Ministerpräsident Horst Seehofer, der am Dienstag bereits mit "Notmaßnahmen" gedroht hatte.

Ex-Innenminister Thomas de Maiziere mit Kanzlerin Angela Merkel (Bild: APA/dpa/Kay Nietfeld)
Ex-Innenminister Thomas de Maiziere mit Kanzlerin Angela Merkel

Berlin: "Verhalten Österreichs nicht in Ordnung"
Am Mittwoch hagelte es dann Schelte aus dem Innenministerium in Berlin. "Das Verhalten Österreichs in den vergangenen Tagen war nicht in Ordnung", sagte Innenminister Maiziere vor Journalisten in Berlin. Er erwarte sich, dass Österreich "ab sofort" wieder zu einem geordneten Verfahren zurückkehre. "Wir haben zu beanstanden, dass Flüchtlinge ohne jede Vorwarnung nach Eintritt der Dunkelheit an bestimmte Stellen gefahren worden sind und dort unvorbereitet und ohne jede Vorsorge an die deutsche Grenze gekommen sind", so der deutsche Innenminister.

Es habe intensive Gespräche zwischen beiden Ländern dazu gegeben. "Österreich hat gestern zugesagt, wieder zu einem geordneten Verfahren zurückzukehren", sagte der Minister. "Ich erwarte, dass das ab sofort geschieht. Wir sind dazu auch in ständigem Kontakt."

Polizei Oberösterreich: "Unruhen drohen"
Dem Vorwurf, Österreich würde ohne Vorankündigung Tausende Flüchtlinge an die Grenze bringen und zu keiner Zusammenarbeit bereit sein, widersprechen die österreichischen Behörden. Oberösterreichs Landespolizeidirektor Andreas Pilsl meinte am Dienstag in der "ZiB2": "Wir halten uns an die Vereinbarungen, aber wir müssen auch die Mobilität aufrechterhalten. Wir haben kein Recht, diese Menschen aufzuhalten." Wenn Deutschland nicht genügend Flüchtlinge aufnehme, drohten Unruhen in Österreich.

"Wer zu einer Party einlädt, muss auch die Gäste aufnehmen"
Auch aus dem Innenministerium in Wien ist zu hören: Sofern Deutschland weiterhin so wenige Flüchtlinge aufnimmt, drohen massive Probleme in Österreich. "Wer zu einer Party einlädt, muss auch die Gäste aufnehmen", heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Ostermayer: "Engster Kontakt zwischen Faymann und Merkel"
Dass man aber nicht gut miteinander kooperiere lässt man in Wien nicht gelten. So erklärte Kanzleramtsminister Josef Ostermayer am Dienstag, dass Bundeskanzler Werner Faymann "in engstem Kontakt mit Kanzlerin Angela Merkel" stehe. Erst am Sonntag beim Sondertreffen in Brüssel hätten die beiden Regierungschefs wieder ausführlich über die gemeinsame Vorgangsweise gesprochen. Er selbst sei auch auf Koordinatorenebene "in Abstimmung mit dem deutschen Kanzleramtsminister Peter Altmeier", betonte Ostermayer.

Aus dem Video-Archiv: Zeigt Wärmebildkamera kroatische Soldaten als Fluchthelfer?

Spielfeld - so wurden die Einsatzkräfte überrannt:

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