"Mehr geht nicht"

Mitterlehner: Flüchtlingsobergrenze bei 100.000

Österreich
21.12.2015 13:41

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hat am Montag erstmals eine "kapazitätsorientierte Obergrenze" für Flüchtlinge definiert. "Um die 90.000 bis 100.000" Menschen könnten in Österreich untergebracht werden - viel mehr werde nicht gehen, sagte er im Ö1-"Morgenjournal". Bundeskanzler Werner Faymann hingegen hatte es am Sonntag vermieden, eine diesbezügliche Zahl zu nennen, und erklärt: "Eine konkrete Obergrenze für Flüchtlinge kann es nicht geben."

"Wir haben eine Art kapazitätsorientierte Obergrenze", sagte Mitterlehner im "Morgenjournal". "Wir finden bestimmte Möglichkeiten, was Räumlichkeiten, Säle und Hallen anbelangt, vor. Wenn wir jetzt schon Zelte aufstellen müssen, ist dort auch irgendwo die faktische Grenze, und das wird uns dann auch nächstes Jahr prägen", so der Vizekanzler. "Ein Teil der Flüchtlinge wird vielleicht zurückgehen, andere werden kommen - und in diesem Bereich müssen wir das gesamte Thema zahlenmäßig managen." Und wenn man eine Zahl hören wolle: "Um die 90.000 bis 100.000, viel mehr wird vernünftigerweise nicht gehen."

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Tempo bei Schutz von EU-Außengrenze gefordert
Zudem wünscht sich Mitterlehner, dass die EU den Schutz ihrer Außengrenze schneller vorantreibe, denn dies erfolge auf europäischer Ebene viel zu langsam. Man könne sich nicht bis Februar eine "Denkpause" nehmen, wenn im März die nächsten großen Gruppen an Flüchtlingen kämen. Was jene EU-Länder betrifft, die keine Flüchtlinge aufnehmen, findet es der Vizekanzler "aus gruppendynamischen Gründen" sinnvoll, den - auch finanziellen - Druck zu erhöhen. Die beschlossenen Quoten müssten jetzt endlich umgesetzt werden.

SPÖ: Maßnahmen gegen Fluchtgründe forcieren
Die Reaktionen der anderen Parteien auf Mitterlehners Aussagen ließen nicht lange auf sich warten. Kanzleramtsminister Josef Ostermayer meinte, es müssten "alle Maßnahmen" gesetzt werden, damit weniger Menschen überhaupt fliehen. Die Aufgaben, die sich durch Asylberechtigte stellen, seien gemeinsam in der EU zu bewältigen. "Aber wir müssen dafür den Friedensprozess in Syrien unterstützen, wir müssen die Kooperation mit der Türkei vorantreiben und wir arbeiten an einem gemeinsamen, massiv verbesserten EU-Asylrecht." Dies bedeute funktionierende "Hotspots", einen gemeinsamen Schutz der Außengrenzen und entsprechende Rückübernahmeabkommen.

FPÖ: "Kapazitäten schon längst überschritten"
Die FPÖ pochte einmal mehr auf rasche Abschiebungen, denn Österreichs Kapazitäten bei der Aufnahme von Asylwerbern "sind schon längst überschritten", so Generalsekretär Herbert Kickl. "Österreich hätte seine Grenzen für Migranten schon längst schließen müssen."

Grüne: Mitterlehner nennt "irgendeine Zahl"
Die Grünen kritisierten, dass Mitterlehner "irgendeine Zahl" in die komplexe Diskussion werfe. "Drei Dinge müssen bei der aktuellen Asyl-Herausforderung gleichzeitig passieren: Hilfe vor Ort in den Flüchtlingslagern in der Türkei, in Jordanien und im Libanon, Druck auf unsolidarische EU-Länder, damit sie auch Flüchtlinge und Verantwortung übernehmen, und ein Masterplan für die Unterbringung und Versorgung jener Menschen, die nach Österreich kommen", forderte Menschenrechtssprecherin Alex Korun.

Faymann: "Verspreche keine fiktive Stopptaste"
Kanzler Faymann hatte am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" gesagt, dass es bei der Aufnahme von Asylsuchenden "keine konkrete Obergrenze" geben könne. "Ich verspreche keine fiktive Stopptaste, auf die wir dann gemeinsam als Bundesregierung draufdrücken und sagen: 'Jetzt ist Schluss, die Leute sollen bitte wieder umdrehen, nach Hause gehen, in Frieden leben.' Sondern ich verspreche, dass wir uns dafür einsetzen, dass weniger kommen, weil wir vor Ort mehr machen", so der Kanzler.

Faymann in der ORF-"Pressestunde" (Bild: APA/BKA/Andy Wenzel)
Faymann in der ORF-"Pressestunde"

"Wer eine Reduktion der Flüchtlingszahlen will und wer will, dass der Satz der deutschen Kanzlerin, 'Wir schaffen das', auch Realität wird, der muss dafür sein, dass es Europa gemeinsam unternimmt: die Frage der Aufteilung, die Frage der Grenzsicherung und die gemeinsame Politik in Syrien", sagte Faymann. Den osteuropäischen Staaten, die sich der Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien verweigern, drohte er erneut mit Kürzungen der EU-Fördermittel: "Das geht so nicht weiter."

Aus dem Video-Archiv: Zäune für Faymann "der allerletzte Ausweg"

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