Wegen Japan-AKWs

Nachfrage nach Jodtabletten und Geigerzählern steigt

Österreich
14.03.2011 14:53
Wegen der atomaren Störfälle in Japan haben offenbar einige Österreicher große Angst um ihre Sicherheit. Die Apotheken meldeten am Montag eine verstärkte Nachfrage bei Kaliumjodidtabletten, sogenannten "Strahlen-Pillen". Problematisch ist das insofern, als dass die Tabletten eigentlich erst nach behördlicher Anordnung verteilt werden sollen, da sie bei scheinbar vorsorglicher Einnahme der Gesundheit schaden können. Für keine Bedenken, sondern klingelnde Kassen sorgt indes der Run auf Geigerzähler.

Die österreichische Apothekerkammer hat am Montag wegen der verstärkt auftretenden Nachfrage ihre Mitglieder dazu aufgerufen, keine Kaliumjodidtabletten abzugeben. "Dazu besteht derzeit kein Anlass", so Vizepräsident Leopold Schmudermaier. Die Tabletten verhindern im Fall eines Atomunfalles bzw. einer radioaktiven Wolke die Aufnahme radioaktiven Jods, das bei Kernschmelzen in größeren Mengen freigesetzt wird.

"Es ist verstärktes Interesse danach da, auch das Bedürfnis nach Information ist gestiegen", erklärte Schmudermaier. Prophylaktisch sei eine Einnahme von Jodpräparaten aber nicht möglich. Im besten Fall nützt sie nichts, im schlimmsten Fall kann sie zu Schädigungen der Schilddrüse führen, betonte er. Eine unmittelbare Nebenwirkung könne eine Überfunktion der Schilddrüse sein, die zu Herzrasen bis zu einer echten Gefährdung der Gesundheit führen kann.

Ministerium: Keine Bedrohung, auf Ernstfall vorbereitet
In Apotheken werden seit Jahren Tabletten für den Ernstfall gelagert. Dabei werden die Chargen laufend von der AGES auf ihre Haltbarkeit überprüft. Das Gesundheitsministerium müsse sich laut Apothekerkammer-Vizepräsident nun damit befassen, ob man sich bevorraten solle oder nicht. "Eine Einnahme wird (von der Kammer, Anm.) aber ausdrücklich abgelehnt", so Schmudermaier. "Wir sind Gott sei Dank weit weg und es besteht keine Gefährdung."

Das Gesundheitsministerium erklärte am Montag auf seiner Website, dass in Österreich seit dem Super-GAU von Tschernobyl ständig sechs Millionen Packungen zu jeweils zehn Tabletten Kaliumjodid in allen Apotheken, ärztlichen Hausapotheken und Krankenanstalten gelagert werden: "Zusätzlich wird in allen Schulen, Kindergärten und Kinderbetreuungseinrichtungen die erste Tagesdosis Kaliumjodid für jedes Kind bereitgehalten. Ferner gibt es eine Bundesreserve." Auch das Ministerium weist daraufhin, dass die Einnahme von Jod nur im Ernstfall schützt, nämlich um Schilddrüsenkrebs durch radioaktives Jod zu verhindern. 

Geigerzähler bei Conrad ausverkauft
Neben den Jodtabletten "bewaffnen" sich verängstigte Österreicher seit dem Wochenende offenbar auch verstärkt mit Geigerzählern, den Messgeräten zum Feststellen radioaktiver Strahlung. Beim Elektronik-Diskonter Conrad sind Geigerzähler bereits ausverkauft, sagte Thomas Schöfmann, Marketing- und Vertriebsleiter des Unternehmens, am Montag. Von Freitag bis Montagmittag seien Bestellungen eingegangen, die sonst einem Zweimonatsbedarf entsprechen. Sowohl Private als auch Firmen würden telefonisch und online Bestellungen aufgeben. "Momentan könnten wir mehr verkaufen, als wir haben", erklärte Schöfmann. Die günstigsten Messgeräte kosten laut Conrad 300 Euro.

Auch aus Deutschland wurde am Montag ein der Run auf Geigerzähler gemeldet: "Es gibt eine immense Absatzsteigerung. Wir haben in den vergangenen Tagen Hunderte Geräte verkauft", so ein Conrad-Sprecher aus Deutschland. "Nach Geigerzählern fragt sonst kaum ein Kunde. Das ist fast unglaublich."

Innenministerium musste Hotline einrichten
Die Anrufe verängstigter Bürger haben zuvor am Samstag das Innenministerium zum Handeln bewogen. Weil derart viele Anrufer sich bei Polizeistationen und Notruf über die Gefahr einer radioaktiven Wolke oder ihre Verwandten in Japan erkundigen wollten, richtete das Innenministerium eine Hotline ein. In einer ersten Bilanz hieß es, von Samstag 16.30 Uhr bis Montag 09.30 UIhr hätten sich 386 Anrufer gemeldet. Das Call-Center ist mit sechs Mitarbeitern des Innenministeriums besetzt und rund um die Uhr unter 059133/9500 erreichbar.

Die meisten Fragen betreffen die Strahlengefahr, Reisen sowie Bekannte, die sich derzeit in Japan aufhalten. Laut Ressortsprecher Harald Noschiel melden sich sehr viele, die Personen in Japan kennen. Ihre Namen werden aufgenommen und an das Außenministerium weitergeleitet. Das passiert auch mit den zahlreichen Fragen zu Reisesicherheit in Japans Nachbarstaaten.

Tausende Suchabfragen bei Zivilschutzverband 
Auch der österreichische Zivilschutzverband wird derzeit mit Fragen überhäuft: Über das Wochenende wurden 50 Broschüren zum Thema Strahlengefahr und Schutz bestellt, normalerweise werden binnen einer Woche sieben bis zehn Stück angefordert, berichtete der Verband. Seit Freitag ist ein starker Anstieg der Besucherzahlen auf der Internetseite des Verbands zu verzeichnen, alleine am Sonntag besuchten 3.000 Menschen die Website. Nach den Themen Erdbeben, Strahlungsmessung, Messeinheiten, Erdstöße in Österreich und Auswirkungen von Tschernobyl suchten die User auf der Website am meisten. Vor allem per E-Mail, aber auch telefonisch werden Informationen über Kaliumjodidtabletten, Strahlenfrühwarnsystem und die Alarmierung-Systematik eingeholt.

Hauptsächlich interessierte die Bürger, wie man in Japan aus- bzw. einreisen kann. Es informieren sich aber auch Touristen, die in Nachbarregionen reisen wollen. 

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