Hellas-Tragödie

Österreicher in Griechenland: “Wir bleiben alle hier”

Österreich
15.06.2012 18:27
Schicksalswahl in Griechenland: Wenn am Sonntag die Hellenen zu den Urnen schreiten, schaut die halbe Welt zu. Wie bewerten Austro-Griechen die Lage? Österreichs Konsul Helmut Rakowitsch meint: "Unsere Landsleute gehen mit ihrer Wahlheimat gemeinsam durch die Krise." Die "Krone" hörte sich um.

Ein faschistischer Politiker ohrfeigt eine Kommunistin vor laufender Kamera, die radikale Linke macht Versprechungen, die nicht einzuhalten sind, die zwei angeschlagenen Großparteien kämpfen ums nackte Überleben. Dazu Verdrossenheit, Wut und Hoffnungslosigkeit unter der Bevölkerung - in Griechenland liegen die Nerven blank, ein Staatsbankrott droht. Und fast jeder Vierte ist mittlerweile arbeitslos, die Gesellschaft steht an der Kippe.

Sogar die etwa 3.000 Austro-Griechen - im Sommer sind es mehr - zeichnen von ihrer Wahlheimat ein düsteres Bild. Doch an eine Rückkehr nach Österreich denkt niemand. Viel zu sehr sind sie inzwischen mit "Hellas" verwurzelt. Sie harren in der Krise aus. Der überwiegende Teil der in Griechenland lebenden Österreicher sind übrigens Frauen. Viele wurden bereits in den 1970er-Jahren von griechischen Studenten "entführt". Besonders in Graz besuchten viele junge Hellenen die Universität. Graz war damals die erste Universitätsstadt hinter dem Eisenen Vorhang.

"Kartenhaus ist zusammengebrochen"
"Die Griechen arbeiten, wie sie Sirtaki tanzen", erklärt Elfriede Damalas, die Präsidentin des Vereins der Österreicher in Griechenland (Bild) mit einem Schmunzeln. "Sie fangen langsam an und werden immer schneller. Kurz vor den Olympischen Spielen 2004 war nichts fertig. Dann ging ein Ruck durch das Land, jeder hat mitgeholfen. Und als die Fackel entzündet wurde, war alles paletti."

Diesmal sind die Griechen jedoch völlig aus dem Rhythmus geraten. Damalas: "Als 2008 diese Krise begonnen hat, dachten wir, das wird schon. Aber das Kartenhaus ist zusammengebrochen. Dabei hätte das Land so viele Möglichkeiten, vor allem im Tourismus."

"Jetzt regiert die 'Diktatur der leeren Kassen'"
Robert Stadler sitzt an seinem Schreibtisch und blättert in seiner "Griechenland Zeitung". Der Salzburger gibt das einzige deutschsprachige Blatt des Landes heraus, die Zeitung erscheint jeden Mittwoch mit 16 Seiten. Ende der 1980er-Jahre wanderte Stadler aus, fand hier eine neue Heimat. "Seit Ende der Militärdiktatur im Jahr 1974 wurde das Land abwechselnd von den beiden Großparteien, der konservativen Nea Dimokratia und der sozialistischen PASOK, regiert. Und zwar mit Geld. Jetzt hat dieser Klientelismus ein Ende, es regiert die 'Diktatur der leeren Kassen'", erklärt Stadler.

"Ich bin besorgt, was nach der Wahl passiert. 30 Prozent der Geschäfte sind bereits zu, die Betriebe brechen einfach weg. Und die Reichen bringen ihr Geld in Sicherheit", meint der Salzburger. Sogar in der "Griechenland Zeitung" finden sich Inserate für Immobilien in London, Dubai, Berlin & Co.

"Griechen haben vom Sparen überhaupt keine Ahnung"
"Statt Griechenland Milliarden in den Rachen zu werfen, sollte die EU besser mit Entwicklungshilfe dienen", findet Christa Braziotis, die eine Pension im Inselparadies Santorin betreibt. "Sie haben keine Ahnung von Strukturen und Verwaltung. Hier muss man ansetzen." Und weiter: "Die Griechen haben auch vom Sparen überhaupt keine Ahnung. Sie geben meist mehr Geld aus, als sie haben - viele haben mehrere Kreditkarten. Und jetzt, da der Ofen aus ist, verkaufen sie ihr Hab und Gut. Sogar bei uns auf der Insel stehen viele Liegenschaften zum Verkauf."

Doch auch wenn die Reservierungen um 20 Prozent eingebrochen sind, herrschen auf dem Eiland Wonne und Sonnenschein - aber nur, solange die Fähren und Flugzeuge noch ankommen...

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