Die Hofburg-Wahl ist geschlagen - und dennoch ist völlig unklar, wer neuer Bundespräsident wird. Laut vorläufigem Endergebnis inklusive Briefwahlprognose liegen Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen und FPÖ-Kandidat Norbert Hofer gleichauf bei jeweils 50,0 Prozent. In absoluten Zahlen ausgedrückt hat Van der Bellen nicht einmal 3000 Stimmen Vorsprung auf Hofer. Nun blickt die Republik gespannt auf die Auszählung der Wahlkarten am Montag, nach der wir endlich wissen werden, wer Österreichs neues Staatsoberhaupt ist.
In den Werten ist bereits eine Briefwahlstimmen-Schätzung enthalten. Die Schwankungsbreite liegt laut Hochrechnern aufgrund der noch nicht ausgezählten Wahlkarten bei 0,7 Prozentpunkten, erst am Montagabend steht nach Auszählung der Briefwahlstimmen also fest, wer die Stichwahl gewonnen hat.
Im Vorfeld waren rekordverdächtige 885.437 Wahlkarten beantragt worden - das sind fast 14 Prozent der knapp 6,4 Millionen Wahlberechtigten. Die Hochrechner der ARGE Wahlen gehen davon aus, dass fast 700.000 Wahlkarten auf dem Postweg abgegeben wurden und nicht im Wahllokal - und diese werden erst am Montag ausgezählt.
Hofer ohne Wahlkartenschätzung klar vorne
Ohne die geschätzten Briefwahlstimmen ist die Reihenfolge der Kandidaten umgekehrt: Hofer kommt ohne Wahlkarten auf 51,9 Prozent, Van der Bellen auf 48,1. Die Wahlbeteiligung lag am Sonntag bei 60,7 Prozent und dürfte inklusive Wahlkarten auf rund 72 Prozent steigen.
Gegenüber den 68,5 Prozent vom ersten Durchgang im April ist das eine deutliche Steigerung. Noch klarer wird der Ansturm auf die Wahlurnen ersichtlich, wenn man die Werte von der vergangenen Präsidentschaftswahl im Jahr 2010 heranzieht: Damals wählten nur 53,6 Prozent der Stimmberechtigten.
Bundesländer gespalten, tiefe Kluft zwischen Stadt und Land
Deutlich abgesetzt hat sich Hofer in seiner Heimat Burgenland, wo er im Endergebnis (ohne Wahlkartenprognose) auf 63,0 Prozent der Stimmen kommt. Auch Kärnten geht mit 60,1 Prozent an Hofer, ebenso die Steiermark mit 58,7, Salzburg mit 55,1, Niederösterreich mit 54,3 sowie Oberösterreich und Tirol mit jeweils 50,7 Prozent - hier könnten die Briefwähler das Ergebnis freilich noch kippen. In Wien wiederum erreichte Van der Bellen 61,2 Prozent, in Vorarlberg 56,4.
Insgesamt gilt: Die ländlichen Regionen sind tendenziell pro-Hofer, die Städte aufseiten Van der Bellens. Acht von neun Landeshauptstädten gingen an Van der Bellen, lediglich in Eisenstadt holte Hofer den Sieg.
Video: Alle Reaktionen auf den Wahl-Krimi
So wählten Kandidaten und Staatsspitze
Hofer gab um 10.30 Uhr im Burgenland seine Stimme ab. "Ich wünsche und erhoffe 52 Prozent", sagte er bei strahlendem Sonnenschein vor der Neuen Mittelschule in seiner Heimatstadt Pinkafeld, aber: "Es könnte knapp werden" - womit er richtig liegen sollte.
Video - Hofer vor internationaler Presse: "Bin gar nicht gefährlich"
Van der Bellen wählte im Amerling-Gymnasium in Wien-Mariahilf. Er sei "vorsichtig optimistisch", die Stichwahl für sich entscheiden zu können, sagte er. Wegen der Briefwähler sei es möglich, dass die Entscheidung erst am Montag vorliegen könnte - auch diese Prognose erwies sich als zutreffend.
Video - Van der Bellen: "So eine Bewegung hat es noch nie gegeben"
Bundeskanzler Christian Kern gab am Vormittag ebenfalls in Wien seine Stimme ab. Der neue Regierungschef wählte - im Gegensatz zu Hofer und Van der Bellen nicht im Beisein seiner Familie - im Amtshaus Hermanngasse im siebenten Gemeindebezirk.
Bundespräsident Heinz Fischer sagte bei seiner Stimmabgabe in Wien, "eine interessante Zeit" hinter sich zu haben und dass Österreich vor einer "wichtigen Entscheidung" stehe.
Video - Fischers letzte Wahl als Präsident
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.