Ob es wirklich stimmen kann, dass die Salzburger Landespolitiker von den Spekulationsfällen nichts gewusst haben, könne er natürlich nicht beurteilen, erklärte Pichler auch im Gespräch mit der APA. Klar ist für den WU-Experten allerdings, dass die Politik hätte Bescheid wissen müssen.
"Dann muss man erst recht zurücktreten"
"Jede Organisation, wo solche Dinge nicht zu den Entscheidungsträgern kommen, hat ein Riesenproblem. Das ist das beste Zeichen dafür, dass sie nicht in der Lage sind, Finanzgeschäfte zu machen", betonte er. Dass die zuständige Budgetbeamtin im Rahmen des Vier-Augen-Prinzips beispielsweise von ihrem eigenen Mitarbeiter gegengezeichnet wurde, widerspreche allen einschlägigen Grundsätzen: "Wenn man nicht einmal die einfachsten Mindeststandards einhält, dann muss man erst recht zurücktreten."
Dass riskante Finanzgeschäfte eine Spezialität der öffentlichen Hand wären, wies Pichler zurück. Betroffen seien auch Unternehmen, aber "die haben früher aufgehört mit dem Blödsinn". Bei der öffentlichen Hand hätten die Kontrollen vielfach nicht funktioniert und die Verluste der Jahre 2008 und 2009 hätten offenbar nur beim Bund für verschärfte Regeln gesorgt, beklagte Pichler: "Typischerweise holen diese Geschäfte jetzt diejenigen ein, die das abgeschlossen haben."
"Es ist unerträglich, dass da irgendwer dagegen ist"
Der Wiener Experte leitete vor drei Jahren die Arbeitsgruppe zur Reform der Veranlagungsrichtlinien des Bundes, die bereits damals empfahl, auch Länder und Gemeinden bei Spekulationsgeschäften einzuschränken. "Die sollten das in die Verfassung schreiben, damit das ein für alle Mal klar ist", fordert Pichler die verpflichtende Übernahme der Veranlagungsregeln des Bundes für alle Länder: "Es ist unerträglich, dass da irgendwer noch dagegen ist." Schließlich müsse der Bund im Zweifelsfall auch für die Zahlungsfähigkeit der Länder haften.
Und auch aus deren eigener Sicht ist der Widerstand der Länder gegen einheitliche Regeln für Pichler unverständlich: "Ich verstehe schon, dass die Tiroler sich von den Wienern nichts sagen lassen wollen. Aber die Tiroler werden vielleicht einmal für die Wiener zahlen müssen, das ist noch viel unangenehmer." Der Experte verweist dabei auch darauf, dass es spekulative Veranlagungen nicht nur in Salzburg gibt, sondern auch in anderen Bundesländern – etwa die Fremdwährungskredite der Gemeinde Wien.
Von "Geständnis" offiziell keine Rede mehr
Generell ist im Salzburger Finanzskandal jedenfalls zu beobachten, dass die Statements aus dem Ressort von Finanzreferent Brenner in den letzten Tagen vorsichtiger geworden sind. Damit soll wohl auch vermieden werden, dass man ins juristische Fettnäpfchen tritt. Noch vor einer Woche wurde bei einer Pressekonferenz erklärt, die Referatsleiterin, die 340 Millionen Euro verspekuliert haben soll, habe ein Geständnis abgelegt. Am Donnerstag sagte ein Sprecher des Finanzreferenten: "Ob es tatsächlich als Geständnis zu werten ist, haben die Staatsanwaltschaften und die Gerichte zu entscheiden."
Der Rechtsanwalt der beschuldigten Beamtin, die in der Finanzabteilung des Landes tätig war, hatte Anfang dieser Woche erklärt, dass von einem Geständnis nicht die Rede sein könne (siehe Infobox). Sowohl die Vorgesetzten seiner Mandantin als auch die Politik seien seit Langem über alle Finanzgeschäfte informiert gewesen. "Sie hatte für alle ihre Geldgeschäfte Vollmachten seitens ihrer Vorgesetzten in der Finanzabteilung des Landes."
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