Das Plakat der Sozialdemokraten zeigte Landeshauptfrau Gabi Burgstaller mit drei Kindergartenkindern und dem Slogan "Mein Kindergarten. Meine Freunde. Meine Lieblingshauptfrau!" (kleines Bild). Der Verein imitierte dieses Plakat in einer Grafik, wobei eines der drei Kinder durchsichtig dargestellt wurde, mit der Sprechblase: "Weil ich ihre Abtreibungsstation nicht überlebt hab: Kein Kindergarten. Keine Freunde. Keine Lieblingshauptfrau!" Zusätzlich hieß es darauf noch: "Seit April 2005 wird auf Burgstallers Anweisung im LKH-Salzburg abgetrieben. 4.000 Kinder wurden seither dort getötet. Wählen Sie am 1. März nicht die SPÖ mit ihrer Abtreibungspolitik!" Diese Grafik war auf der Webseite des Vereins abrufbar und wurde zudem in einer Postwurfsendung an etwa 90.000 Haushalte verteilt.
SPÖ klagte auf Rufschädigung
Die SPÖ sah darin eine Verletzung des Urheberrechtes sowie eine Rufschädigung, weil Burgstaller eine Tötungsabsicht unterstellt worden sei, und klagte. Das Landesgericht Salzburg gab diesem Begehren statt und erließ eine einstweilige Verfügung, dass die Grafik nicht mehr verwendet werden dürfe - der Spruch erfolgte allerdings erst zweieinhalb Monate nach geschlagener Wahl. Das Oberlandesgericht Linz schloss sich der Auffassung des Erstgerichtes an, doch der OGH hob es nun auf.
"Geistige Leistung und freie Bearbeitung"
Das Höchstgericht führte in seiner Entscheidung aus, dass "das entscheidende Kriterium von Parodie und Satire (...) die inhaltliche oder künstlerische Auseinandersetzung mit bestimmten Aussagen und Eigenheiten des parodierten Werks" sei, wie es in der Begründung heißt. Im konkreten Fall werde der "Wahlkampfstil" parodistisch nachgeahmt. Die Grafik weise "ausreichende schöpferische Züge auf, um als individuelle und selbstständige geistige Leistung und damit freie Bearbeitung des Vorbilds angesehen werden zu können". Außerdem handle es sich "nicht um unwahre, ehrenrührige Tatsachenbehauptungen", die Aussagen seien im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes im politischen Meinungsstreit zulässig.
SPÖ befürchtet "Verrohung der politischen Kultur"
SPÖ-Landesgeschäftsführer Uwe Höfferer befürchtet aufgrund dieses Urteils eine "Verrohung der politischen Kultur": "Die vorliegende Entscheidung eröffnet damit im Prinzip jedermann die Möglichkeit, scharfe Kritik zu gesellschaftlichen Themen wie Abtreibung, Tierhaltung oder Umweltverschmutzung sehr weitgehend unter Missachtung von urheberrechtlichen oder persönlichkeitsrechtlichen Ansprüchen Dritter zu üben", so SPÖ-Anwalt Clemens Thiele.
Der Verein "Jugend für das Leben" wiederum forderte Burgstaller in einer Aussendung auf, nach diesem Urteil die Abtreibungsklinik in Salzburg wieder zu schließen.
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