Kontrollen umgangen

Sbg: Beamtin soll 340 Millionen Euro verspekuliert haben

Österreich
07.12.2012 10:01
Eine leitende Beamtin der Finanzabteilung des Landes Salzburg soll rund 340 Millionen Euro Steuergeld verspekuliert haben, wie David Brenner, der für Finanzen zuständige SPÖ-Landesrat, am Donnerstagnachmittag berichtete. Die Referatsleiterin soll ab 2001 eigenmächtig risikoreiche Finanzgeschäfte im Namen des Landes betrieben und dabei auch Protokolle und Unterschriften gefälscht haben. Am Freitag gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass bereits Anfang November eine erste Anzeige gegen die Beamtin eingegangen war.

Die Unregelmäßigkeiten dürften bis in das Jahr 2001 zurückgehen. Ab 2003 soll die Beamtin zudem eigenmächtig riskante Finanzgeschäfte abgeschlossen haben. Zwar hatte sie laut dem Leiter der Finanzabteilung, Eduard Paulus, die Berechtigung dazu, allerdings dürfte sie die ihr eingeräumten Volumina überschritten haben.

Verluste über Jahre kaschiert
In den Jahren 2006 und 2007 dürften diese Geschäfte zu sogenannten Buchverlusten geführt haben. In der Folge sei es der Mitarbeiterin gelungen, diese Verluste zu kaschieren. Dazu habe sie diese jahrelang auf Durchläufer-Konten geparkt, sagte Brenner. Sämtliche Kontrolleinrichtungen - vom Rechnungshof bis zur Politik - seien mit falschen Berichten getäuscht worden.

Um die Verluste wieder aufzuholen, ging die Beamtin danach wiederholt Geschäfte ein, ohne ihre Vorgesetzten, den zur Genehmigung solcher Abschlüsse eingerichteten Finanzbeirat oder den Landesfinanzreferenten zu informieren. Auch die Rechenstelle in Frankfurt, der monatlich sämtliche abgeschlossenen Geschäfte gemeldet werden müssen, erfuhr über diese Geschäfte nichts.

Ungereimtheiten fielen erstmals im Mai auf
Erstmals aufgefallen ist die Referatsleiterin heuer im Mai, weil sie ein zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bewilligtes Geschäft abschloss, sagte Paulus. Die Frau sei damals ermahnt und die Personalabteilung informiert worden. Als sie am 17. Juli dann neuerlich einen solchen Abschluss tätigte, wurde Brenner informiert. Der Mitarbeiterin wurde die Entlassung angedroht und die Vollmacht zum Abschluss derartiger Geschäfte entzogen.

Im Oktober sei dann ein neuer Experte eingestellt worden. Nach und nach stieß dieser auf die Ungereimtheiten. Am 26. November habe die Finanzmanagerin daraufhin ein Geständnis abgelegt. Sie wurde sofort entlassen, ihr Büro versiegelt. Nach ihren Angaben sei ein rechnerisches Minus von 340 Millionen Euro entstanden. Nach derzeitigem Wissensstand habe sich die Mitarbeiterin aber nicht selbst bereichert. Finanzlandesrat Brenner informierte die Staatsanwaltschaft über den Vorfall.

"Salzburger Beamtenschaft" erstattete im November Anzeige
Am Freitag wurde bekannt, dass bereits im November eine anonyme Gruppierung unter dem Namen "Salzburger Beamtenschaft" eine Anzeige gegen die Referatsleiterin erstattet hatte. "Die Anzeige ist am 5. Dezember an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft abgetreten worden", erklärte die Mediensprecherin der Staatsanwaltschaft Salzburg, Barbara Feichtinger. "Und am Donnerstag hat das Land Salzburg eine Anzeige gegen die Frau eingebracht."

Auch die zweite Anzeige werde voraussichtlich an die WKStA weitergeleitet, erklärte Feichtinger. Denn wenn der Schaden einen Wert von fünf Millionen Euro übersteige und ein enormes öffentliches Interesse bestehe, sei die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zuständig. Die Ermittlungen würden aller Voraussicht nach in Richtung Untreue (Strafdrohung: ein bis zehn Jahre Haft), Amtsmissbrauch (sechs Monate bis zu fünf Jahre) und Urkundenfälschung gehen, erläuterte die Staatsanwältin.

"Es besteht die Absicht, das Geld wieder zu verdienen"
Wie bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag betont wurde, soll der Millionenverlust nach aktuellem Stand keine negativen Auswirkungen auf das Landesbudget haben, da er laut Brenner erst wirksam werde, wenn die Geschäfte schlagend würden. "Aktuell ist der Betrag für den Haushalt nicht schlagend, weil er nicht als Schuld dargestellt wird", so der Finanzlandesrat. Man könne dies mit einem Aktienpaket vergleichen, das man behält. 

"Es besteht die Absicht, das Geld durch kluge Veranlagungen in den nächsten Jahren wieder zu verdienen", erklärte zudem Paulus, wie Landesrat Brenner am Donnerstagabend in der "ZiB 2" richtigstellte, nachdem dieses Zitat zuvor ihm zugeschrieben worden war. "Ich bin zu hundert Prozent dagegen, auf das eine Risiko ein neues draufzusetzen", erklärte Brenner hingegen in der ORF-Sendung, nachdem Moderator Armin Wolf in der Paulus-Aussage die weitere Bereitschaft zu Spekulationsgeschäften geortet haben wollte.

ÖVP fordert lückenlose Aufklärung
Landeshauptmann-Stellvertreter Wilfried Haslauer von der ÖVP forderte am Donnerstag eine lückenlose Aufklärung der Vorkommnisse im Finanzressort. Er habe mit Brenner die umgehende Prüfung durch den Rechnungshof unter Beiziehung externer Spezialisten vereinbart. Erst danach könne auch die Frage nach der politischen Verantwortung geklärt werden.

Eine Frage, die auch die Grünen beschäftigt: "Es wird noch zu prüfen sein, ob dieses Finanzdesaster tatsächlich ausschließlich an den kriminellen Energien einer einzigen Person festgemacht werden kann, oder ob es bei entsprechender Sorgfalt auch verhindert hätte werden können", so Fraktionsvorsitzender Cyriak Schwaighofer. Die FPÖ überlegte, den für kommenden Mittwoch geplanten Beschluss des Landesbudgets zu verschieben: "Solange keine Klarheit über die Auswirkungen der Spekulationsgeschäfte besteht, kann nicht in aller Ruhe ein Budget beschlossen werden", so Klubchef Karl Schnell.

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