Ministeriumsbeamte berichteten als Auskunftspersonen unter Wahrheitspflicht, dass ein Vorschlag der Telekom als Novelle der Universaldienstverordnung vorgelegt wurde. Ausschlaggebend war der Auftrag von Gorbachs Kabinettschef, der als Ministerweisung empfunden wurde. Der U-Ausschuss unter dem Vorsitz von Gabriela Moser von den Grünen untersucht, ob die Novelle im Gegenzug für Schmiergeld an Gorbach und das BZÖ von der Telekom erkauft wurde. Gorbach und das Bündnis dementieren dies.
"Es gab eine Weisung"
"Es gab eine übertragene Weisung des Ministers", sagte Christian Singer (im Bild links mit seinem Anwalt), Spitzenbeamter im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, bei seiner Vernehmung am Donnerstag. Darüber habe er auch einen Aktenvermerk angefertigt. Konkret habe ihm Rüdiger Schender, damals Kabinettschef von Gorbach, aufgetragen, den von der Telekom übermittelten Text unverändert umzusetzen. Daraufhin wurde der Textvorschlag der Telekom eins zu eins als Verordnungsentwurf übermittelt.
Es sei eine politische Entscheidung des Ministers gewesen, sagte Singer. In der Frage sei nämlich kein Kompromiss zwischen den verschiedenen Interessen - hier Telekom, dort alternative Anbieter - möglich gewesen. Die Novelle wurde im Oktober 2006 beschlossen, wenige Monate vor Ende der schwarz-orangen Regierung unter Wolfgang Schüssel. Die Novelle brachte der Telekom zehn Millionen Euro jährlich.
Zuvor hatte es im Frühling ein Treffen gegeben, wo neben dem Lobbyisten Peter Hochegger und Vertretern der Telekom auch Vertreter aus Gorbachs Kabinett sowie Spitzenbeamte, unter ihnen Singer, anwesend waren. Dort habe der Telekom-Marktführer seine Wünsche geäußert, Gorbachs Mitarbeiter habe dem Unternehmen wohlwollende Behandlung des Vorschlags zugesichert. Dies habe ihm auch Gorbachs Kabinettschef so aufgetragen, sagte Singer. Pilz formulierte, "es gab also die Ministerweisung, den Vorschlag der Telekom umzusetzen". "So hab ich das nicht reingeschrieben, aber ich bin schon lange Beamter und weiß, wann ich etwas in den Akt reinschreibe", erläuterte Singer seinen diesbezüglichen Aktenvermerk.
"Transportierter Wille" Gorbachs ließ Mitarbeitern keine Wahl
Rein rechtlich sei der Kabinettschef natürlich nicht weisungsbefugt, aber "wenn der Kabinettschef sagt, 'so machen wir das', ist das der transportierte Wille des Ministers", erklärte Singer. "Es hat sich ja auch herausgestellt, dass der Minister dahintersteht, sonst hätte er es nicht unterschrieben." BZÖ-Abgeordneter Stefan Petzner betonte, es sei nichts Ungewöhnliches, dass Unternehmen mit ihren Wünschen an Ministerien heranträten. Eine Weisung des Ministers liege nicht vor, da es sich ja nur um den Wunsch seines Kabinettschefs handelte.
Singer sagte, er habe keine Hinweise auf Parteienfinanzierung im Zusammenhang mit der Novelle der Universaldienstverordnung gehabt. Auch habe er kein Geld bekommen, es sei ihm auch nichts angeboten worden. Außerdem gab er an, keine Kenntnis davon zu haben, dass so etwas bei anderen Personen vorgekommen ist.
Ministerialrätin bestätigt Verdacht
Auch die erste Zeugin am Donnerstag sagte aus, dass die Telekom ihren Wunsch durchsetzte. Die für die Ausarbeitung der Universaldienstverordnung zuständige leitende Beamtin in der Fernmeldebehörde, Ministerialrätin Eva-Maria Weissenburger, hatte von ihrem Vorgesetzen Singer den Hinweis bekommen, den 2006 von der Telekom Austria vorgelegten Entwurf zur Novellierung der Universaldienstverordnung zu übernehmen. Die Novellierung sei auf eine Vorlage der Telekom zurückzuführen. Druck aus dem Kabinett des damaligen Verkehrsministers Gorbach sei ihr persönlich keiner bekannt, so die Ministerialrätin.
Als letzter Zeuge des ersten Befragungstages im Korruptions-U-Ausschuss wurde am Donnerstag Andreas Reichhardt befragt, Sektionschef im Infrastrukturministerium und ehemals stellvertretender Kabinettschef Gorbachs. Bei der Novelle der Universaldienstverordnung habe ihm damals - er war schon Sektionschef - das Ministerkabinett zum Ausdruck gebracht, "dass man diese Verordnung rasch erledigt haben will". Die Novelle der Universaldienstverordnung sei "fachlich nachvollziehbar und in Ordnung" gewesen, verteidigte Reichhardt die Arbeit des Ministeriums.
"BZÖ-Prinzip 'zuerst das Geld, dann die Leistung'"
Der Schmiergeldverdacht rund um Gorbach und das BZÖ bzw. eine BZÖ-nahe Werbeagentur ist für den Grünen Peter Pilz nun bestätigt. "Nach dem BZÖ-Prinzip 'zuerst das Geld, dann die Leistung', wird überwiesen." Im September 2006 sei mitten im Nationalratswahlkampf rund eine Million Euro von der Telekom in Richtung BZÖ geflossen, als Gegenleistung habe Gorbach in seiner letzten Zeit als Minister im Oktober 2006 die Telekom-Wünsche erfüllt, so Pilz. Durch zwei Weisungen habe die Telekom 40 Millionen Euro erhalten, wie der U-Ausschuss ans Licht gebracht habe, daher sei er mit dessen Arbeit "sehr zufrieden". BZÖ-Mandatar Petzner wies dies entschieden zurück und sprach von "Verschwörungstheorien im Kopf von Herrn Pilz".
Begonnen hatte der U-Ausschuss am Donnerstag mit Frust und einem Griff zu drastischen Mitteln: Weil Telekom-Regulator Georg Serentschy, der erste Zeuge zur Causa Telekom, nicht erschienen war, wurden am Donnerstagvormittag in einer nicht öffentlichen Sitzung ein Antrag auf eine Ordnungsstrafe und eine neuerliche Ladung beschlossen (siehe Infobox).
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