Kurzporträt

Sonja Hammerschmid: “Arbeiterkind” als Ministerin

Österreich
17.05.2016 15:28

Mit Sonja Hammerschmid (47) wird eine "statistische Ausreißerin" Bildungsministerin. So bezeichnete sich die Molekularbiologin in einem Kommentar, weil ihre Laufbahn so anders verlief als jene ihrer Eltern. Das "Arbeiterkind" aus dem Mühlviertel studierte, kam über Forschung und Forschungsmanagement an die Spitze der Veterinärmedizinischen Uni Wien und wurde als erste Frau Rektorenchefin.

Hammerschmid wurde am 24. Juni 1968 in Steyr in Oberösterreich geboren. Als "gelebte Gesamtschule" bezeichnete sie ihre Volks- und Hauptschulzeit im Mühlviertel, wo ein "bunter Haufen von Kindern, ungeachtet ihrer sozialen Herkunft" die Schule besuchte. Doch nicht so sehr der Schultyp habe sie geprägt, sondern vor allem ihre Lehrer, die es verstanden hätten, "in mir die Begeisterung und Neugier für Neues zu wecken und meine Talente zu fördern".

In jeder Schulstufe, auch im Oberstufenrealgymnasium in Perg, habe das Augenmerk ihrer Lehrer "immer den individuellen Stärken gegolten, niemand hielt sich unnötig mit meinen Defiziten auf". Das sei "im Schulsystem nicht selbstverständlich, wo durch das verbissene Beheben von Schwächen Chancen verbaut werden und Talente verkommen", scheinte sich Hammerschmid bereits in einem im März erschienenen Kommentar einen ersten Arbeitsauftrag als Bildungsministerin gegeben zu haben.

Biologiestudium in Wien
Ihre Eltern ermöglichten ihr das Biologiestudium, Studienzweig Genetik, an der Universität Wien. Schon während ihrer Ausbildung begann sie 1990 als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Boehringer Ingelheim. Nach ihrem Doktorat forschte sie ab 1996 als Postdoc an der Uni Wien, bevor sie 1998 als Produktmanagerin zu einem Laborausstatter wechselte. Im Jahr darauf ging Hammerschmid als Leiterin des Biotech-Programms Life Science Austria zur Innovationsagentur, die 2003 in der Austria Wirtschaftsservice aufging. Dort leitete sie den Bereich Technologie und Innovation und fungierte als Gesamtprokuristin.

2008 wurde Hammerschmid in den Universitätsrat der Veterinärmedizinischen Universität Wien entsendet. Zwei Jahre später wurde sie zur Rektorin der Vetmeduni gewählt - als zweite Rektorin einer Universität. In dieser Funktion wurde sie 2014 schließlich für weitere vier Jahre einstimmig bestätigt. Ende des Vorjahres wurde Hammerschmid, die unter anderem auch Aufsichtsratspräsidentin der Wiener Kunsthalle und stellvertretende Kuratoriumsvorsitzende des Naturhistorischen Museums ist, schließlich als erste Frau zur Präsidentin der Universitätenkonferenz (uniko) gekürt. In einem ersten Anlauf 2013 war sie noch an Amtsinhaber Heinrich Schmidinger gescheitert.

"Ideologisch bin ich ein Arbeiterkind"
Auch wenn die als bestens vernetzt geltende Hammerschmid bereits einmal als Forschungsstaatssekretärin von Wissenschaftsminister und Co-Mühlviertler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) im Gespräch war, gilt sie als SPÖ-nahe, ohne ein Parteimitglied zu sein. "Ideologisch bin ich ein Arbeiterkind, SPÖ, ÖVP, aber auch NEOS haben Themen, die mich ansprechen", formulierte es Hammerschmid.

Sie sei immer gegangen, "wenn etwas zu sehr Routine geworden ist", sagte sie und kündigte auch an, 2018 nicht noch einmal als Rektorin kandidieren zu wollen. "Mich reizt Neues, ich will gestalten", machte sie aus politischen Ambitionen keinen Hehl, "ja, Politik reizt mich, ich bin ein sehr politischer Mensch". Von der Vetmeduni scheidet sie mit "Wehmut", wie sie am Dienstag in einem Mail an Uni-Angehörige schrieb. Sie stelle ihr weiteres Tun in den Dienst der Republik: "Österreich steht an einem Wendepunkt und ich hoffe, dass ich ein wenig dazu beitragen kann, dass unser Land ein weltoffenes, lebenswertes Land bleibt bzw. wird, in dem Bildung geschätzt und als die Chance für Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und Frieden gesehen wird."

Verheiratet, aber kinderlos, konnte sich Hammerschmid die positiven Erfahrungen mit der Schule bis heute bewahren. Und bei den 120.000 Lehrern dürfte die Neo-Ministerin mit einem Stein im Brett ihr Amt antreten - bezeichnete sie doch in einem "Presse"-Kommentar den Lehrerberuf als "eine der anspruchvollsten Aufgaben, die es in unserer Gesellschaft gibt". Und weiter: "Warum tun wir uns so schwer, ihnen den nötigen Respekt zu zollen? Es sollte uns zu denken geben, dass diesen Schlüsselpersonen für die Zukunft unserer Kinder unsere Anerkennung immer wieder vorenthalten wird. Was sagt das über den gesellschaftlichen Stellenwert von Bildung?"

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