Wie die "Krone" bereits vorab berichtet hatte (siehe Infobox), kündigte Orban bei einer Pressekonferenz am Montagnachmittag einen neuen Aktionsplan an, mit dem Inhabern von Hypothekar-Krediten in Fremdwährungen unter die Arme gegriffen wird. Kreditnehmer sollen die Möglichkeit erhalten, ihre noch ausstehende Summe vorzeitig auf einmal zurückzuzahlen. Das solle zu einem günstigen festgelegten Kurs von 180 Forint zum Schweizer Franken und 250 Forint zum Euro erfolgen, so Orban. Die Kosten für die Tilgung sollen die Banken tragen und zudem keine Spesen verrechnen.
Der ungarische Regierungschef betonte, dass Kreditnehmer, die ihre Franken-Darlehen unter dem festgelegten Wechselkurs aufgenommen hatten, derzeit benachteiligt würden. Die meisten gegenwärtig bestehenden Kredite seien bei einem Wechselkurs von 150 bis 165 Forint je Franken aufgenommen worden. Die Regierung hält es Orban zufolge für rechtskonform, dass das Parlament in die Hypothekar-Verträge eingreift.
Dass die ausländischen Banken die Finanzierung bei ihren ungarischen Töchtern zurückschrauben würden, glaubt Orban nicht, denn die Institute hätten bereits zuvor ihre Kreditvolumina zurückgefahren. Mögliche Gefahren für das Finanzsystem wies er zurück und erklärte: Hinter den ausländischen Banken stünden die Mutterbanken und hinter den ungarischen der ungarische Staat.
Spindelegger: "Banken in ihrer Existenz bedroht"
Spindelegger sieht nun die österreichischen Banken "in ihrer Existenz bedroht". Es gehe hier um ein Volumen von sechs Milliarden Euro für die heimischen Institute. Daneben seien auch belgische und niederländische Finanzhäuser involviert. Es gebe jedenfalls ein "gehöriges Problem" mit Ungarn. Der Vorschlag von Ungarn sei ein "Verstoß gegen das, was wir in der EU aufgebaut haben". Und: "Privatwirtschaftliche Verträge müssen eingehalten werden." Mit dem Vorgehen von Budapest könne "sehr viel Porzellan zerschlagen werden, und europarechtlich ist das nicht haltbar". Spindelegger: "Das ist eine Vorgangsweise, die wir so nicht akzeptieren können."
Darauf angesprochen, was konkret an Maßnahmen gegen Ungarn möglich sei, sagte Spindelegger, die EU-Kommission müsse tätig werden und könne auch den Europäischen Gerichtshof einschalten. Die Kommission "hat die Möglichkeit, beim EuGH eine einstweilige Verfügung zu beantragen". Diese Möglichkeit gelte es zu prüfen.
Appell an Kanzler Faymann
Der Außenminister forderte auch Bundeskanzler Werner Faymann auf, mit dem ungarischen Premier Orban die Sache anzusprechen. Wenn von ungarischer Seite als Argumentation angeführt werde, es gehe darum, den Menschen zu helfen, könne er nur sagen, dass ein Risiko nicht einfach auf Dritte übertragen werden könne, auf die Banken und letztlich auf die Kunden.
Auch Fekter auf den Barrikaden
Finanzministerin Maria Fekter protestierte am Montag in einem Brief an den ungarischen Wirtschaftsminister gegen die geplante "Zwangskonvertierung". Die Maßnahme werde zu "riesigen und sofort entstehenden Verlusten" im gesamten ungarischen Bankensystem führen und gefährde "die Finanzmarktstabilität in Ost- und Zentraleuropa und Europa als Ganzes", schreibt Fekter an ihren Kollegen György Matolcsy.
"Wir weisen die geplanten Maßnahmen entschieden zurück, weil sie einen Bruch von Rechtssicherheit darstellen wie er bisher noch in keinem EU-Mitgliedsland vorgekommen ist." Die Maßnahme sei "keine in einer Marktwirtschaft akzeptable Praxis" und verstoße gegen "alle Erwartungen, die ein Investor in einer funktionierenden Marktwirtschaft und Demokratie haben kann".
Budapester Institut sieht "schweren Schlag"
Selbst im eigenen Land stößt Orban mit seinem Plan auf Widerstand: Als Ausdruck von "Verantwortungslosigkeit" bezeichnet das Budapester Institut für Wirtschaftsforschung die Maßnahmen. Die Regierung wolle erneut privatrechtliche Verträge zwischen Kreditnehmern und Banken "überschreiben". Das sei in einem Rechtsstaat verboten und wäre ein weiterer "schwerer Schlag gegen das ohnehin schon angeschlagene Vertrauen der Investoren", zitierte die ungarische Nachrichtenagentur MTI.
Der ungarische Bankenverband bezeichnete die Pläne als inakzeptabel und drohte mit einer Verfassungsklage, sollte die Regierung daran festhalten.
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