Neuer Job

Spindelegger und Firtasch als “Retter der Ukraine”

Österreich
03.03.2015 16:39
Mit einem Paukenschlag meldet sich Michael Spindelegger auf dem politischen Parkett zurück. Österreichs Ex-Vizekanzler und Finanzminister will nun, wie die "Krone" am Dienstagvormittag vorab erfuhr, die kriegsgebeutelte Ukraine auf neue Beine stellen. Spindelegger wird sich künftig für die "Modernisierung der Ukraine" einsetzen und als "Geschäftsführer und Hauptkoordinator" einer eigens dafür eingerichteten Agentur mit Sitz in Wien fungieren, die großteils vom ukrainischen Gas-Tycoon Dmytro Firtasch finanziert wird.

Spindelegger wird bei der sogenannten Agency for the Modernisation of the Ukraine (AMU) beschäftigt sein, die bereits mehrere prominente Mitglieder aufweist - etwa den deutschen SPD-Abgeordneten und Ex-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück, den ehemaligen EU-Kommissar Günter Verheugen oder den französischen Ex-Außenminister Bernard Kouchner.

Ex-Innenminister Schlögl auch bald mit an Bord?
Auch Österreichs ehemaliger Innenminister Karl Schlögl (SPÖ) ist dem Vernehmen nach im Gespräch. "Ich habe mich noch nicht entschieden, finde die Aufgabe aber höchst spannend", erklärte Schlögl gegenüber der "Krone". Das Angebot liege erst seit Freitag auf seinem Schreibtisch. Zu den Hauptinitiatoren der AMU gehören weiters der französische Philosoph Bernard-Henry Levy und der deutsche CDU-Abgeordnete Karl-Georg Wellmann.

"Humanitäre und wirtschaftliche Hilfe"
Ausgewiesene Ziele der kürzlich in Wien gegründeten und am Dienstag offiziell im Wiener Palais Ferstel vorgestellten Agentur sind die "humanitäre und wirtschaftliche Hilfe für die Ukraine" sowie eine "professionelle Begleitung" von Reformen. Um das Land vor dem endgültigen Kollaps zu bewahren, würden laut den Initatoren rund 300 Milliarden Euro benötigt.

Finanziert wird die AMU vom ukrainischen Arbeitgeberverband. Neben dem Großindustriellen und Putin-Partner Firtasch sind zahlreiche weitere Oligarchen Teil dieses Verbandes, der nunmehr auch das Gehalt des ehemaligen ÖVP-Finanzministers zahlt - Polit-Insider gehen hier von einem Betrag jenseits der 20.000 Euro monatlich aus.

"Mache das als selbstständiger Unternehmer"
Spindelegger selbst meinte zu seiner neuen Tätigkeit, man sei vor drei Wochen an ihn herangetreten. "Ich wurde dann in das advisory board eingeladen und so haben wir Stück für Stück begonnen, das ganze Projekt aufzusetzen."

Weder über das Budget der Agentur noch über sein eigenes Gehalt wollte der Ex-Vizekanzler ins Detail gehen: "Ich mache das als selbstständiger Unternehmer und werde das, was üblich ist, in die Verhandlungen einbringen." Noch habe er keinen Vertrag, der soll in den nächsten Tagen unterschrieben werden.

200 Tage Zeit für einen "Masterplan"
Unklar ist auch noch die zeitliche Dimension des Engagements: Firtasch hatte zuvor die Aufgabe der Agentur damit umrissen, innerhalb von 200 Tagen einen "Masterplan" für Wirtschafts-, Steuer- und Verfassungsreformen in der Ukraine auszuarbeiten. "Das ist meine Aufgabe", sagte Spindelegger, "darauf stelle ich mich ein."

Als Konkurrenzprojekt zu den Bemühungen etwa des Internationalen Währungsfonds will Spindelegger die AMU nicht verstanden wissen: "Wie wollen gemeinsam daran arbeiten, ein Modernisierungsprogramm für die Ukraine aufzustellen - aber das ist eine private Initiative, keine staatliche, und die Persönlichkeiten, die dafür gewonnen wurden, sind Leute mit Erfahrung", meinte er. Man wolle "keine Parallelität, nicht das Rad neu erfinden, sondern zusammenarbeiten".

Im Jänner hatte das Nachrichtenmagazin "profil" berichtet, Spindelegger sei für einen hochrangigen EU-Posten im Gespräch. Er solle Koordinator für die Donauraumstrategie werden, hieß es damals. Weiters ist der 55-Jährige, der im August 2014 seinen Rücktritt von allen politischen Ämtern erklärt hatte, seit November Aufsichtsrat der Industrieliegenschaftsverwaltung AG.

Kommentar von Claus Pándi: Halblustig
Es klingt wie ein Witz, ist aber wahr. Michael Spindelegger arbeitet jetzt für ukrainische Oligarchen. Eine bessere, also seriöse Beschäftigung war für den ehemaligen Vizekanzler und Finanzminister auf dem angespannten Arbeitsmarkt offenbar nicht zu finden. Bis zuletzt war ein Netzwerk bemüht, dem gescheiterten ÖVP-Chef einen gemütlichen Job in Brüssel zuzuschanzen. Doch die EU-Kommission wollte für den Versorgungsposten eines "Donauraumstrategen" dann letztlich doch keine 10.000 Euro im Monat locker machen.

Blieben am Ende nur die Freunde aus der Ukraine, die Spindelegger  jetzt mit dem Titel "Direktor" und Geld über Wasser halten. Die Höhe der Gage bleibt ein Geheimnis. Doch den ukrainischen Gas-Oligarchen wird es schon einiges wert sein, sich mit einem früheren Parteichef, Vizekanzler, Außenminister und Finanzminister einer westlichen Demokratie schmücken zu dürfen. Spindelegger dürfte das alles egal sein. Er hat die Stellung. Zwar nicht unbedingt in der echten Privatwirtschaft, aber immerhin. Und ist der Ruf einmal ruiniert...

Nun bleibt es jedem selbst überlassen, wofür man sich hergibt. Aber diese Angelegenheit betrifft die Reputation des Landes und ihres  politischen Führungspersonals. Nach den halblustigen Erfahrungen mit Ex-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner als Generalsekretärin des eigenartigen Saudi-Zentrums findet nun wieder ein ÖVP-Politiker Zuflucht in einer obskuren Organisation. Das sagt nicht wenig über die berufliche Qualifikation von Spitzenpolitikern aus.

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