Der Angelobungsakt verlief feierlich und ohne Zwischenfälle. Das Staatsoberhaupt verwies bei seiner Ansprache vor der versammelten ÖVP-Riege noch einmal darauf, dass erst die Erkrankung von Vizekanzler Josef Pröll die Umbildung notwendig gemacht hatte, und erinnerte an die "eindrucksvolle Rede", mit der vom ÖVP-Obmann sein Rückzug verkündet worden war.
Dass der scheidende Finanzminister fehlenden Anstand in der Politik kritisiert hatte, hob Fischer besonders hervor. Gesetze seien eine wichtige Norm, aber nicht die einzige Regel: "Ich will nicht in einer Gesellschaft leben, wo alles erlaubt ist." Was die Pröll-Kritik an fehlender Dynamik in der Politik angeht, gab ihm der Bundespräsident teilweise recht. In der internationalen Wirtschaftskrise habe die Regierung großartige Ergebnisse erzielt. Es gebe aber auch Bereiche, wo der Stillstand noch überwunden werden müsse.
Staatssekretär Wolfgang Waldner, Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, die neue Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und deren Staatssekretär Sebastianz Kurz - jugendlich ohne Krawatte - nahmen dann gemeinsam mit Spindelegger Aufstellung vor dem Bundespräsidenten und legten ihren Eid auf die Republik ab. Der bisherigen Innenministerin Maria Fekter wurden die Finanzagenden übergeben, Wissenschaftsministerin Beatrix Karl erhielt das Justizressort. Insgesamt 21 Unterschriften leistete Fischer dabei.
Spindelegger und Faymann: "Nicht kuscheln, nicht streiten"
Bei ihrer ersten gemeinsamen Pressekonferenz nach der Angelobung betonten Spindelegger und Faymann vor allem das Gemeinsame in der Koalition. "Wir arbeiten als Team, das ist die erste gute Voraussetzung für die zweite Halbzeit (der Regierung, Anm.)", so Faymann. Spindelegger sagte, er habe sich mit dem Bundeskanzler lange über den künftigen Stil und die Zusammenarbeit unterhalten. Es gelte: "Einen Stil pflegen wollen, der nicht heißt kuscheln miteinander, der nicht heißt streiten miteinander, sondern der heißt konstruktiv und sachlich miteinander zusammenzuarbeiten."
Faymann bedankte sich bei den ausgeschiedenen Regierungs-Mitgliedern. In Richtung des neuen ÖVP-Chefs sagte der Kanzler: "Ich möchte natürlich an der Spitze den Herrn Vizekanzler willkommen heißen und alles Gute für die Arbeit wünschen." Nachdem man in der ersten Halbzeit der Regierung den Folgen der Wirtschaftskrise mit aktiven Maßnahmen entgegengesteuert habe, gelte es nun, in der zweiten Halbzeit, den Kurs zu halten und das Tempo zu erhöhen. Es gelte, gemeinsam aufzutreten, etwa gegen Kernkraftwerke, gegen die Einfuhr von gentechnisch veränderten Produkten, außerdem müssten die hohen sozialen Standards gehalten werden. "Wir werden das gemeinsam in sehr partnerschaftlicher Weise leben." Er sei überzeugt davon, "dass wir von Anfang an als Team zusammenarbeiten werden."
Auch Spindelegger betonte die Wichtigkeit der guten Zusammenarbeit: "Ich bekenne mich zu dieser neuen Gemeinsamkeit." Der Außenminister räumte ein, dass auch unterschiedliche Positionen auftauchen werden. Das Ziel sei, den bestmöglichen Kompromiss zu erreichen. Angesprochen auf das Konfliktthema Wehrpflicht, sagte Spindelegger, man habe ja eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die bereits erste Kompromisse erzielt habe. Nun werde weiterverhandelt. "Ich gehe davon aus, dass wir das schaffen." Ob er auch weiterhin selbst dieser Arbeitsgruppe angehören wird, ließ Spindelegger, der beim Heer einst als Einjährig-Freiwilliger diente, noch offen. Faymann betonte, die Option einer Volksbefragung bleibe weiterhin bestehen.
Bundesadler statt "Arbeiten für Österreich"
Auch optisch brachte der neue Vizekanzler eine Neuerung im Kongresssaal des Bundeskanzleramtes: Anstatt der Beschriftung "Bundeskanzleramt" prangte hinter der Regierungsspitze ein Bundesadler. Auch die Aufschrift "Arbeiten für Österreich" am Redepult war verschwunden. Spindelegger sagte, niemand brauche sich diesbezüglich Sorgen machen, die Regierung werde beweisen, dass sie arbeite. Faymann erklärte, man erkenne die Arbeit am Inhalt und nicht am Schild, der Adler sei ein "wunderbares Zeichen".
Unverändert bleibt das Team der Regierungskoordinatoren. Diese Arbeit wird weiterhin von Fekter und Staatssekretär Josef Ostermayer erledigt. Für den 30./31. Mai kündigten die beiden Parteichefs eine Regierungsklausur an, der Ort ist noch offen.
Letzter Polit-Auftritt von Josef Pröll, kein Bandion-Festakt
Während das neue Kanzler-Duo seine Pressekonferenz hielt, begannen in den Ministerien als letzte Akte der Regierungsumbildung die Amtsübergaben. Dabei erlebte Josef Pröll, dessen Erkrankung die ganze Rochade ausgelöst hatte, seinen letzten Auftritt als Politiker, als er Fekter sein Amt öffentlich überließ.
Ebenfalls Medien zugelassen waren beim ersten öffentlichen Auftritt von Innenministerin Mikl-Leitner in der Herrengasse (siehe ausführlicher Bericht in der Infobox) sowie beim Bezug des Wissenschaftsministeriums durch den bisherigen Innsbrucker Rektor Töchterle (siehe ebenfalls Infobox). Im Justizministerium, wo Claudia Bandion-Ortner abtritt, gab es keinen Festakt.
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