Neues Aufdeckerbuch

Staat soll Kirchen jährlich mit 3,8 Mrd. subventionieren

Österreich
10.09.2012 13:03
"Gottes Werk und unser Beitrag" lautet der Titel eines neuen Buches, das verborgene Subventionen der Republik Österreich an die Religionsgemeinschaften, allen voran die katholische Kirche und mit ihr verbundene Institutionen, aufdecken will. Jährlich sollen dabei 3,8 Milliarden Euro fließen, durch die die Kirchen privilegiert würden, so die Autoren. Die katholische Kirche hatte am Freitag präventiv eine Website zum Thema Kirchenfinanzen eingerichtet.

Die Autoren, der in Deutschland durch sein "Violettbuch Kirchenfinanzen" bekannte Carsten Frerk und der österreichische Journalist Christoph Baumgarten, bemängelten am Montag bei einer Pressekonferenz die offizielle Bilanz der römisch-katholischen Kirche. Manche Posten seien darin erst gar nicht gesondert aufgeschlüsselt. Laut der Website stehen den neun Diözesen in Österreich jährlich rund 500 Millionen Euro zur Verfügung, Details über Besitztümer etc. werden aber großzügig ausgespart.

Kircheninstitutionen nur zu 13% selbst finanziert
"Nackte Tatsachen" seien es hingegen, welche im neuen Buch über die Finanzierung der Kirche zusammengetragen seien, so die Autoren. Das Ergebnis aus der Sicht der Kritiker rund um die "Initiative gegen Kirchenprivilegien", die die Entstehung des Buches initiierte: Österreichs Religionsgemeinschaften würden stärker am Steuertopf hängen als bisher vermutet. So kosteten etwa konfessionelle Bildungseinrichtungen und der Religionsunterricht allein "mindestens" eine Milliarde Euro jährlich. Das sei mehr als doppelt so viel, wie die Kirche gesamt an Kirchenbeitrag lukrieren würden.

Weiters berücksichtigt sind in der Aufstellung etwa Denkmalpflege, Gelder für Ordensspitäler und Denkmalschutz. Insgesamt würden nur 13 Prozent der katholischen und evangelischen Einrichtungen von der Kirche selbst finanziert werden, so die Autoren.

Verwaschene Trennung von Kirche und Staat
Die Kritiker von der Initiative gegen Kirchenprivilegien stoßen sich nicht so sehr an Religion und Glaube, denn vielmehr an den Stellen, wo die eigentliche Trennung von Kirche und Staat außer Kraft gesetzt wird. Etwa, wenn die Kirche als einer der größten Immobilienbesitzer des Landes vom Stiftungs- und Fondsgesetz ausgenommen ist oder ihre Mitglieder durch die steuerliche Absetzbarkeit der Kirchensteuer und Spenden an Kirchen-Einrichtungen Vorteile genießen.

Auch die Förderung katholischer Schulen und Kindergärten bei gleichzeitiger Benachteiligung nicht-religiöser Privatschulen sowie der Religionsunterricht an sich ist den Kritikern ein Dorn im Auge. Nicht zuletzt heißt es auch, die Kirche verkörpere durch ihr eigenes Kirchenrecht einen "Staat im Staat", dessen negative Auswirkungen etwa bei den Missbrauchsfällen (Stichwort: eigene Opfer-Kommission statt Untersuchung durch die Justiz) zu Tage treten.

Kritik auch Caritas-Finanzierung
Nicht immer sei es leicht, Zahlen zu den Kirchensubventionen zu bekommen, kritisierte die Grünen-Nationalratsabgeordnete Daniela Musiol, die sich dem Kreis der Kirchenkritiker anschließt und den Autoren bei der Recherche behilflich war. Mehrere parlamentarische Anfragen zum Thema seien unzureichend bzw. überhaupt nicht beantwortet worden. Teilweise wüsste etwa das Bildungsministerium schlicht nicht, wohin wie viel Geld fließt. 

Kritik übte die Grünen-Politikerin auch an der Finanzierung der katholischen Hilfsorganisation Caritas: Lediglich zwei Prozent des Budgets trage die Kirche selbst, der Rest komme von der öffentlichen Hand und Spendengeldern. Caritas-Präsident Franz Küberl hielt dem entgegen, der Caritas werde "nichts geschenkt", die öffentliche Hand wisse sehr genau, weshalb sie in vielfältiger Weise mit der Caritas kooperiere: "Weil Leistungen durch die Caritas effizient, kreativ und kostengünstig erbracht werden."

Musiol betonte, dass sie die Caritas und deren Finanzierung nicht grundsätzlich kritisiere. Allerdings treffe es nicht zu, wenn die Kirche finanzielle Zuwendungen mit sozialem Engagement rechtfertigt, gleichzeitig aber nur zwei Prozent zum Budget der Caritas beitrage. Die Organisation selbst sei selbstverständlich eine "wichtige Einrichtung", die auch zahlreiche grüne Anliegen teile. Allerdings benötige es bei der Finanzierung mehr Transparenz.

Autor nimmt auch NS-Entschädigungszahlungen in Visier
Auch die laufenden NS-Entschädigungszahlungen der Republik Österreich an die katholische Kirche werden im Buch beleuchtet: Co-Autor Christoph Baumgarten findet, dass diese zum Teil gar nicht mehr berechtigt wären. Lediglich "einige Grundstücke" seien von den Nazis enteignet worden, wovon der Großteil wieder zurückgegeben sei. Der Umgang mit der historischen Wahrheit sei bei diesem Thema "sehr selektiv", meinte Baumgarten. Missbrauchsopfer würde die Kirche selbst hingegen nur mangelhaft entschädigen.

"Gottes Werk und unser Beitrag. Kirchenfinanzierung in Österreich", ist im Czernin Verlag erschienen; 284 Seiten, 24,90 Euro;

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