Rund 5.000 Personen fallen in der Steiermark in die ab 1. März geltende Mindestsicherung. Die will das Land aber nicht alleine zahlen, wenn die Verwandten der Sozialhilfeempfänger auch einen Teil dazu beitragen könnten.
Über einen "sozial gestaffelten" Regress ab 1.500 Euro Nettoeinkommen sollen bis zu 15 Prozent der ausbezahlten Leistungen eingefordert werden können. Im Gegenzug werde auf den Zwang zu Unterhaltsklagen der Sozialhilfeempfänger gegen nahe Verwandte verzichtet, hieß es zuletzt von SPÖ und ÖVP, als der Landtag Mitte Dezember die Mindestsicherung beschloss und damit eine gesetzliche Basis für die Regressregelung schuf, die dann per Verordnung festgelegt werden kann.
Die Mindestsicherung wird in der Steiermark Erwachsenen zwölf Mal pro Jahr ausgezahlt. Alleinstehende erhalten monatlich 752,93 Euro, Ehepartner bzw. Lebensgefährten 564,70 Euro. Für minderjährige Kinder sind 14-malige Auszahlungen von 143,06 Euro vorgesehen. Ab dem fünften Kind erhöht sich der Betrag auf 173,17 Euro. Zusätzlich zur Mindestsicherung kann auch noch ein Zuschuss zu den Wohnkosten gewährt werden, jedoch mit einer Deckelung, die sich nach den durchschnittlichen Bezirks-Wohnkosten richtet.
Steirisches Gesetz für Grüne "klar vertragswidrig"
Die Grünen haben am Dienstag in einem Rückblick auf das "Jahr der Armutsbekämpfung 2010" scharfe Kritik am steirischen Vorhaben geübt. Sozialsprecher Karl Öllinger nannte das Verhalten der rot-schwarzen Regierung in Graz "klar vertragswidrig". "Der Bund zahlt etwas und die Länder wollen bei der Mindestsicherung den Weg des Sparens gehen - das kann's nicht sein", so Öllinger.
Tatsächlich heißt es in der sogenannten §15a-Vereinbarung des Bundes mit den Ländern: "Ein Ersatz (...) darf nicht verlangt werden von: Kindern, Enkelkindern oder Großeltern von (früheren) BezieherInnen von Leistungen" sowie von "Eltern von Personen, welche nach Erreichen der Volljährigkeit Leistungen bezogen haben (...)". Einzig die Möglichkeit, bei Empfängern mit Eigentumswohnung oder Eigenheim Ansprüche ins Grundbuch einzutragen, wurde den Ländern zugestanden. Dann müssen Erben die Ansprüche des Landes decken, bevor sie den Besitz übernehmen.
Trotzdem wurden im steirischen Gesetz jetzt Ersatzansprüche des Landes gegenüber Eltern und Kindern der Bezieher der Mindestsicherung vorskizziert, "soweit diese nach Bürgerlichem Recht verpflichtet sind, für die Bezieherinnen/Bezieher der Mindestsicherung Unterhalt zu leisten". Ebenfalls geregelt ist dort, dass die Bezieher selbst Ersatzzahlungen leisten müssen, wenn sie später zu "nicht aus eigener Erwerbstätigkeit erwirtschaftetem, (...) verwertbarem Vermögen" gelangt sind, also etwa durch Schenkung oder Erbe.
Hundstorfer lässt prüfen, Betroffene können nicht klagen
Der Aufschrei der Grünen lockte am Dienstag Sozialminister Rudolf Hundstorfer aus der Reserve. Er lässt das steirische Mindestsicherungsgesetz prüfen, hieß es. Darüber hinaus war im Sozialministerium aber kein Kommentar zur Beibehaltung des Angehörigen-Regresses zu erhalten. Auch von steirischer Regierungsseite gab es keine offizielle Stellungnahme zur Causa.
Sollte der Bund die steirische "Extrawurst" dulden, sind die Betroffenen machtlos. Einklagen kann man die Abschaffung der Regressregelung, die es auf Landesebene meistens im Pflegebereich gibt, nämlich nicht, wie Verfassungsrechtler Heinz Mayer am Dienstag auf Anfrage erklärte. "Die 15a-Vereinbarung richtet sich nur an die Gebietskörperschaften, die sind berechtigt und verpflichtet, nicht der Einzelne", so Mayer.
Allerdings könnte sich die Bundesregierung an den VfGH wenden, damit dieser feststellt, ob die steirische Regelung der Vereinbarung entspricht. Aufgehoben würde ein vereinbarungswidriges Landesgesetz dann aber trotzdem nicht: "Ein Gesetz ist nicht verfassungswidrig, nur weil es der 15a-Vereinbarung widerspricht."
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