Neo-Sozialminister Alois Stöger kann mit der Idee einer Kürzung der Mindestsicherung für Flüchtlinge nichts anfangen. Er erteilt auch dem Vorhaben der oberösterreichischen Landesregierung eine Absage, die Mindestsicherung in Mehrpersonenhaushalten mit 1500 Euro zu deckeln. "Das trifft nur die Kinder", so Stöger in einem APA-Interview, diesen würden Perspektiven genommen. "Mir graust vor Vorschlägen, die auf der Oberfläche dahinschwimmen."
Keinen Handlungsbedarf sieht der Sozialminister offenbar auch, was eine weitere Stärkung der Sach- gegenüber den Geldleistungen angeht. Schon jetzt sei es nämlich den Ländern möglich, Teile der Mindestsicherung in Sachleistungen zu vergüten, etwa wenn die Gemeinde Wohnraum zur Verfügung stelle. Auch bei Menschen, die nicht mit Geld umgehen können, etwa Spielsüchtige oder Alkoholiker, sei es sinnvoll, nicht alles auszuzahlen.
An sich findet der Minister, dass die Mindestsicherung ihren Zweck, die Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu führen, durchaus erfüllt. Schließlich betrage die Verweildauer nur 8,2 Monate. Damit werde auch volkswirtschaftlich vernünftig gehandelt. Zudem werde auf die Maßnahme ja auch gesetzt, weil man nicht wolle, dass rund um die Städte Slums entstehen, in denen riesige Folgekosten drohten. Die Kompetenzen für die Mindestsicherung würde Stöger aber gerne beim Bund sehen.
"Bundeskompetenz bei der Pflege sinnvoll"
Mehr Mitsprache des Bundes kann sich Stöger auch bei der Pflege vorstellen: "In diesen Fällen halte ich eine Bundeskompetenz für sinnvoll." Skeptisch ist der Minister gegenüber einer Pflegeversicherung - er bevorzugt eine steuerliche Finanzierung, wie sie schon jetzt (befristet) über den Pflegefonds passiere. Für ihn handelt es sich dabei um eine Wertschöpfungsabgabe, sei doch die Bankenabgabe für den Bereich der Pflegefinanzierung reserviert worden.
Noch nicht wirklich in die Karten blicken lässt sich Stöger, was die Pensionsreform angeht, über die bis 29. Februar in der Koalition entschieden sein soll. Was dem Sozialminister jedenfalls fehlt, sind konkrete Vorschläge der ÖVP. Man wisse nicht, was die Volkspartei im Koffer habe, die Kleider von der letzten Reise oder schon frische.
Gegen Automatismus bei Pensionen
Einen Automatismus, nach dem mit steigendem Lebensalter auch die diversen Schrauben im Pensionssystem bis hin zum Antrittsalter gedreht werden müssen, lehnt Stöger ab: "Manche wollen ja, dass niemand mehr politische Verantwortung für Kürzungen übernimmt." Wer glaube, alles in eine Formel gießen zu können, übernehme sich oder habe die Komplexität des Systems nicht erkannt: "Davon halte ich gar nichts." Grundsätzlich erfreulich sei, dass schon mit den bisher gesetzten Maßnahmen das faktische an das gesetzliche Antrittsalter angenähert worden sei.
Zu einer vorzeitigen Anhebung des Frauenpensionsalters kommt wie erwartet ein klares Nein Stögers. Hier gebe es klare, in der Verfassung festgeschriebene Regelungen. Wenn es gelinge, Frauen Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, und diese gesund seien, könnten sie ja auch jetzt schon länger als bis 60 arbeiten: "Da braucht es keine gesetzliche Regelung."
Jobkrise: Arbeitszeit verkürzen als Lösung?
Im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit hält der Nachfolger von SPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer die Themen Arbeitszeitverkürzung bzw. Überstundenvermeidung weiterhin für wichtige Mechanismen. Derzeit würden viele Menschen vor lauter Arbeit gar nicht mehr wissen, wie sie ihr Leben gestalten sollen, während bei anderen die Arbeitszeit bei null stehe. An eine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung denkt Stöger dabei vorerst nicht. Abgelehnt werden vom Minister so manche Rezepte der Arbeitgeber, wie man zu mehr Beschäftigung kommen könnte, etwa über eine Flexibilisierung der Arbeitszeit. Es gebe nichts Flexibleres als die Arbeitszeit in Österreich, so Stöger.
Lob von NEOS, Kritik vom Wirtschaftsbund
Zustimmung erntete Stöger für seine Aussage, wonach die Mindestsicherung besser beim Bund aufgehoben wäre, von den NEOS: Sozialsprecher Gerald Loacker sagte am Samstag: "Bei dieser Gelegenheit kann er die Mindestsicherung gleich total reformieren." Gefordert seien etwa mehr Erwerbsanreize. Kritik kommt vom Wirtschaftsbund in der Frage, wie man der Arbeitslosigkeit entgegenwirken könnte: Klar abgelehnt werden eine Arbeitszeitverkürzung und die Vermeidung von Überstunden.
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