Marktanalyst Andreas Kreutzer sowie Suchtforscherin Gabriele Fischer von der MedUni Wien verlangen angesichts des von ihnen errechneten positiven volkswirtschaftlichen Saldos die Bereitstellung von mehr Mitteln für Grundlagenforschung, Suchtprävention und Behandlung durch den Staat. Das bisherigen Studien zugrunde liegende Datenmaterial sei teilweise statistisch gar nicht belastbar.
Folgekosten kommen bei Weitem nicht an Einnahmen heran
Der neuen Untersuchung zufolge, die unter anderem auf einer Auswertung früherer Studien beruht, stehen 130 Millionen Euro an sozialen Folgekosten von Alkoholabhängigkeit Einnahmen von 385 Millionen Euro aus Alkohol- und Mehrwertsteuer gegenüber. Unter sozialen Folgekosten sind demnach Ausgaben für medizinische Behandlung, soziale Unterstützung, Strafverfolgung und Produktivitätsverlust zu verstehen.
An Steuern für Tabak nimmt der Staat fast 1,6 Milliarden Euro ein, an sozialen Folgekosten entstehen der KFP-Berechnung zufolge 234 Millionen Euro. Glücksspiel inklusive Sucht und Laster bescheren dem Staat jährliche Einnahmen von mehr als 2,2 Milliarden Euro. Dem stehen volkswirtschaftliche Kosten von 777 Millionen Euro gegenüber, die sozialen Folgekosten von Drogensucht eingerechnet.
Mittel für Prävention, Therapie und Forschung sind vorhanden
Die Folgerung der Experten: Finanzielle Mittel für Forschung, effektive Prävention und Therapien sind vorhanden. Andreas Kreutzer beklagt neben dem Fehlen einer Krankenkostenrechnung eklatante Mängel bei der Datenlage: So seien die fünf Prozent der Österreicher im Alter von 15 bis 90 Jahren, die laut offiziellen Zahlen alkoholabhängig sind, aus einer Fallzahl von nur 50 Personen hochgerechnet worden. "Selbst die Einführung einer neuen Geschmacksrichtung bei Fruchtjoghurt ist besser abgesichert", sagt der Marktanalyst. Demzufolge hat Österreich offiziell - und völlig unplausibel - einen doppelt so hohen Anteil an Alkoholikern wie Deutschland. "Die öffentliche Hand wäre zuständig für Grundlagenforschung", erklärte Kreutzer.
Gabriele Fischer fordert einen "Nationalen Suchtplan" mit einer Neuausrichtung der Sucht- und Drogenpolitik. Sie will eine Abkehr von föderalistisch unterschiedlichen Systemen, einen Umstieg auf evidenzbasierte Strategien und eine Integration in den "Mental Health Bereich". Denn 40 bis 60 Prozent der Suchtabhängigkeit seien genetisch determiniert, Sucht sei eine chronisch psychiatrische Erkrankung und: "Die Betroffenen haben keine Lobby." Suchtkranke seien demnach keine liebenswerten Patienten, sondern schwierig im Umgang. "Selbst in der Psychiatrie sind sie das Schlusslicht."
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