"Rucksackprobe"

Telekom: Wie viele Ordner kann ein Bote befördern?

Österreich
08.08.2013 16:40
Mit der Einvernahme eines Fahrradboten und einer "Rucksackprobe" ist am Donnerstag im Wiener Straflandesgericht der Telekom-Prozess um eine vermutete verdeckte Parteispende von 600.000 Euro an die FPÖ fortgesetzt worden. Der Bote hatte 2004 vier Konzepte des FPÖ-Werbers Gernot Rumpold (Bild) zur Telekom Austria gebracht. Eine der Fragen: Kann ein Bote überhaupt so viel Material transportieren? Offenbar ja, demonstrierte der Zeuge.

Der Fahrradbote sagte zunächst, an die Lieferung, die sechs Euro gekostet hatte, keine Erinnerung zu haben. Auf Ersuchen von Richter Michael Tolstiuk hatte der Mann jenen Rucksack mitgebracht, mit dem er damals die Lieferung zugestellt hatte. Die "Rucksackprobe" ergab: Vier dicke Aktenordner passen mit Leichtigkeit in das Behältnis.

Fahrradbote: Kein Übergewicht, keine Sperrigkeit
Für Sperrigkeit oder Übergewicht seien keine zusätzlichen Kosten angefallen, so der Bote. Entscheidend sei lediglich gewesen, dass die Unterlagen im Rucksack Platz fanden. Beschwerden über eine zu schwere Lieferung "wären bei dem Gewicht nicht der Fall gewesen", sagte der Zeuge, der dabei den gefüllten Rucksack hin- und herschwenkte. Damit wäre Rumpolds Darstellung theoretisch möglich.

Die Anklage wirft Rumpold vor, dass die transportierten Dokumente inhaltlich wertlos und Grundlage für eine Scheinrechnung an seine Werbeagentur "mediaConnection" gewesen seien. Rumpold beharrt darauf, dass die Konzepte sehr wohl eine Werthaltigkeit gehabt hätten. Es seien nicht nur wenige Papiere, sondern besagte vier Bene-Ordner an die Telekom geliefert worden.

Fischer: "Beziehungsebene zu Haider wichtig"
Die Verhandlung wurde mit Fragen von Staatsanwalt Herbert Harammer an den angeklagten Ex-TA-Vorstand Rudolf Fischer fortgesetzt. Dieser erklärte neuerlich, er habe sich auf Betreiben des verstorbenen Ex-FPÖ-Obmanns und Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider auf den Deal mit Rumpold eingelassen. Das sei "kein spezielles Lobbying" gewesen. Vielmehr sei es der Telekom darum gegangen, "die Beziehungsebene zu Entscheidungsträgern wesentlich zu verbessern". Ihm sei "die Beziehungsebene zu Haider wichtig gewesen".

Ex-TA-Prokurist: Rumpold-Papiere "nicht komplett daneben"
Hitzig ging es anschließend bei der Einvernahme des ehemaligen TA-Prokuristen Michael G. zu. Dieser war direkt dem Vorstand unterstellt und unter anderem für Lobbying-Tätigkeiten zuständig. Der Mitangeklagte beharrte darauf, dass Rumpolds Konzepte "nicht komplett daneben" gewesen seien. Man habe aber "gewusst, da geht es um Lobbying, mit dem Hintergrund, wir kriegen was dafür".

Nach dem Vorstandsbeschluss, für die Dokumente zu bezahlen, "habe ich gesagt: 'Zahlen wir's.' Der Auftrag an mich war, das mit dem Rumpold zu machen und den Doktor Haider zufriedenzustellen", sagte G. Im Gegenzug habe man sich von Haider "Hilfe bei der Stimmung in der Politik" erwartet: "Es war schon wichtig, uns den gewogen zu machen."

Finanzlage der FPÖ "war für uns völlig wurscht"
Mit dem Rumpold-Deal habe man "zwei Fliegen mit einer Klappe" geschlagen, nämlich auf der einen Seite "vier verwertbare Dokumente" erhalten und darüber hinaus eine positive Stimmung beim "starken Mann in der FPÖ" erzeugt. Dass er von den damaligen Finanzschwierigkeiten der FPÖ Bescheid gewusst habe, bestritt G. vehement. "Ich hab's nicht gewusst, wie die FPÖ da steht." Das sei für die Telekom auch "irrelevant" gewesen: "Die finanzielle Lage einer Partei war für uns völlig wurscht."

Gutachter: Konzepte waren "Blindgänger auf Halde"
Laut Gutachter Georg Jeitler waren die umstrittenen Rumpold-Konzepte im Wert meilenwert von jenen 600.000 Euro entfernt, die der Angeklagte dafür erhalten hatte. Drei der vier Schriftstücke nannte der Sachverständige "Blindgänger", die "auf Risiko" bzw. "auf Halde" produziert worden seien. Es sei "keine professionelle Deckung mit den strategischen Anforderungen der Telekom Austria nachvollziehbar", sagte Jeitler.

Der Sachverständige setzte sich auch mit der Aussage von Rumpolds Ex-Frau Erika Daniel auseinander, die behauptete, drei bis fünf Monate an den vier Konzepten gearbeitet zu haben. Selbst wenn man diese Angaben übernehme, die Jeitler "höchst unrealistisch" nannte, seien dafür maximal 200.000 Euro zu veranschlagen, so der Gutachter.

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