Tod in der U-Haft

Tiroler Steuer-Spion führte in Schweiz Doppelleben

Österreich
02.10.2010 14:47
Wie eine Bombe schlug der "Krone"-Exklusiv-Bericht bei unseren Schweizer Nachbarn ein: Jener Tiroler, der tot in seiner Gefängniszelle in Bern gefunden wurde, soll tief in die Steuer-CD-Affäre zwischen der Schweiz und Deutschland verwickelt gewesen sein. Der 42-Jährige dürfte den Millionendeal finanziell abgewickelt haben.

Seine Kreativität hat Grafiker Wolfgang U. über die Jahre ein solides Leben beschert – die kriminelle Anwendung dieses Talents hat ihn selbiges nun jedoch gekostet. Wie exklusiv berichtet, soll der gebürtige Tiroler maßgeblich an dem aufsehenerregenden Handel mit sensiblen Daten von Schweizer Bankkunden beteiligt gewesen sein. Nur zwei Wochen nach seiner Verhaftung durch den Geheimdienst wurde der 42-Jährige unter mysteriösen Umständen Mittwoch früh tot in seiner Zelle gefunden.

Jeannette Balmer, Sprecherin der Schweizer Bundesanwaltschaft: "Wir bestätigen, dass der Verstorbene im Rahmen der Strafuntersuchung wegen Bankdatendiebstahl und dem Verkauf der Daten nach Deutschland inhaftiert war." Näheres könne man aus ermittlungstaktischen Gründen jedoch nicht preisgeben. 

Familie ahnte nichts vom Doppelleben
Doch mittlerweile deutet alles darauf hin, dass Wolfgang U. die wohl wichtigste Drehscheibe in der Steuer-CD-Affäre gewesen ist. Der ausgewanderte Tiroler dürfte die Hauptverbindung zwischen den noch unbekannten Datendieben und dem Käufer, dem deutschen Staat, gewesen sein. Als Treuhänder soll der 42-Jährige den Geldaustausch geregelt und sich so ein "kleines Stück" vom Millionen-Kuchen abgeschnitten haben. Die Familie des begeisterten Gleitschirmfliegers hat von dessen Doppelleben nichts mitbekommen.

Der Vater: "Als ich mit Schweizer Behörden telefoniert und nach Hintergründen gefragt habe, hieß es nur: 'Kein Kommentar'. Vor einem Monat sahen wir ihn zum letzten Mal – er war zu meinem 70. Geburtstag da."

Botschaft wurde nicht informiert
Unterdessen wurde bekannt, dass die österreichische Botschaft in der Schweiz nicht davon informiert wurde, dass überhaupt ein Österreicher in dem Berner Regionalgefängnis inhaftiert war. Üblicherweise müssen die Behörden davon in Kenntnis gesetzt werden, wenn Staatsbürger ihres Landes inhaftiert werden, um sie in Haft betreuen zu können. Der Betroffene kann dieses Angebot aber auch ablehnen.

Österreich wird sich nun - wie in jedem derartigen Fall - bei den Schweizer Behörden um nähere Informationen zu dem Todesfall bemühen. Ob die Informationen aber schon am Wochenende eintreffen, ist unklar.

In der Affäre geht es um den Diebstahl von Bankkunden-Daten und deren Verkauf an Deutschland. Die CD mit Daten von möglichen deutschen Steuersündern sorgte ab Ende Jänner international für großes Aufsehen. Zum Schrecken der Schweizer Behörden und Banken hatte sich Deutschland entschieden, den Datenträger anzukaufen. Der Preis betrug angeblich 2,5 Millionen Euro. Wie von Bern befürchtet, blieb das kein Einzelfall. Weitere CDs wurden später den deutschen Behörden angeboten, zum Teil mit Erfolg.

von Klaus Loibnegger, Christoph Budin und Stefan Ruef (Kronen Zeitung) und krone.at

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