Der Chefverhandler bei der Hypo-Verstaatlichung, Ex-Finanzminister Josef Pröll, hat im parlamentarischen Hypo-Untersuchungsausschuss die Übernahme der Krisenbank verteidigt. Die Verstaatlichung 2009 sei demnach "alternativlos" gewesen, um eine Insolvenz zu vermeiden, weil die Bayern die Bank nicht mehr haben wollten. Der Medienandrang am Donnerstag war enorm. "Hier ist ja mehr los als bei einer Regierungsangelobung", scherzte Pröll (siehe Video oben).
In seiner Befragung verteidigte der ehemalige ÖVP-Chef die Hypo-Verstaatlichung im Dezember 2009 wortreich und immer lauter werdend gegen die angriffslustigen Abgeordneten. "Die Verstaatlichung war absolut richtig, ich stehe zu dieser Entscheidung", sagte Pröll. "Ich bin heute noch überzeugt, dass es die absolut richtige Entscheidung war." Der damalige Vizekanzler und Finanzminister hatte im Dezember 2009 federführend die Notverstaatlichung der Kärntner Skandalbank verhandelt.
"Heute wissen wir, dass die Zahlen nicht gehalten haben"
Pröll wies auch darauf hin, dass die BayernLB am 8. Dezember 2009 endgültig signalisiert habe, sich aus ihrer Tochter Hypo Alpe Adria zurückzuziehen. "Sie wollen die Bank nicht mehr, Ende", habe es damals geheißen. Mit dem damaligen bayrischen Finanzminister Georg Fahrenschon habe er im Jahr 2009 mehrmals Kontakt gehabt, sagte Pröll. Es habe aber keine konkreten Daten, Zahlen und Fakten zur Hypo gegeben, die besorgniserregend waren. Die im Herbst 2009 durchgeführte Neubewertung der Hypo-Vermögenswerte bezeichnete Pröll als "richtig und wichtig". "Heute wissen wir, dass diese Zahlen nicht gehalten haben."
Den damals festgestellten Kapitalbedarf der Hypo Alpe Adria von bis zu zwei Milliarden Euro habe er für die drei Hypo-Eigentümer BayernLB, Grawe und Land Kärnten nicht "als unlösbares Problem" empfunden. "Zwei Milliarden Euro ist nicht nichts, aber lösbar für die drei Eigentümer", so Pröll. "Die Politik in Bayern hat dann entschieden, die Bank wird nicht unterstützt."
Pröll: Kein Gespräch mit Erwin Pröll über Verstaatlichung
Gespräche mit dem niederösterreichischen Landeshauptmann (und Onkel) Erwin Pröll im Vorfeld der Verstaatlichung verneinte der Ex-Finanzminister. "Ich habe mit Erwin Pröll über viele Themen gesprochen, aber nicht über die Frage der Hypo Alpe Adria", sagte er. In den Verhandlungstagen zur Verstaatlichung habe er ausschließlich mit Vertretern des Hypo-Bankenverbands und des Bankensektors in der Wirtschaftskammer gesprochen.
Team Stronach-Abgeordneter Robert Lugar konnte das nicht glauben. Bei einem Konkurs der Hypo Alpe Adria hätte es auch für die Hypo NÖ große Probleme gegeben. "Und da hat der Erwin nicht mit Ihnen gesprochen?" wunderte sich Lugar. "Sie wollten, dass die Banken entlastet werden und nicht die Steuerzahler!" Der Ex-ÖVP-Chef entgegnete: "In dieser Verstaatlichungs-Nacht verfolgte ich keinerlei partiepolitisches Interesse. Ich habe es nicht für die Banken, sondern für die Stabilisierung des Landes gemacht." 27 Milliarden Euro Schaden hätten gedroht.
Keine Gewährleistung: Grüne und NEOS entsetzt
Während sich Pröll zu rechtfertigen versuchte, warum die Regierung gegenüber den Bayern keinerlei Gewährleistungsrechte einforderte, die den Schaden für die Steuerzahler eingegrenzt hätte, zeigten sich die NEOS und die Grünen über das Vorgehen entsetzt. Rainer Hable von den NEOS fragte: "Wie haben Sie sich abgesichert, dass es nicht mehr wird? Jetzt sind wir bei 15 Milliarden Minimum, und alle Klauseln, die die österreichischen Steuerzahler geschützt hätten, sind rausgefallen. Warum ist das alles rausgefallen?" Der Entfall der Gewährleistung habe dazu geführt, dass der ganze Schaden dem österreichischen Steuerzahler präsentiert wurde.
Pröll erklärte, dafür habe man Geld herausverhandelt und einen Beitrag der Bayern in Höhe von 825 Millionen Euro bekommen. Außerdem habe der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, den Gewährleistungsverzicht ebenfalls akzeptiert und auf die Anfechtungsrechte verwiesen. Er müsse sich auf seine Experten verlassen können, so der Ex-ÖVP-Chef. Für ihn sei das ein gutes Resultat: "Peschorn hat wirklich gute Arbeit geleistet."
Kurios: Griss-Gesprächsprotokolle vernichtet
Der letzte Tag des Hypo-Untersuchungsausschusses im heurigen Jahr wartete auch mit einer Kuriosität auf: Das Hohe Haus wird keine Gesprächsprotokolle der Hypo-Untersuchungskommission von Irmgard Griss bekommen - diese wurden nämlich vernichtet, wie den Fraktionen Donnerstagfrüh mitgeteilt wurde.
Anfang Dezember hatten alle Parteien im U-Ausschuss beschlossen, die Gesprächsprotokolle als ergänzendes Beweismittel beim Finanzministerium anzufordern, denn immerhin wurden von der Kommission rund 50 Gespräche mit Hypo-relevanten Personen geführt, 40 davon alleine von Griss selbst.
Die Antwort des Finanzministeriums fiel ernüchternd aus. Wie aus dem beiliegenden Schriftverkehr zwischen Finanzressort und Griss hervorgeht, hat Griss bereits im Frühling zu Beginn des Ausschusses mitgeteilt, dass man keine Dokumente mehr habe: "Die Untersuchungskommission hat sich in den mit den verschiedenen Institutionen (BMF, OeNB, FMA) abgeschlossenen Vereinbarungen verpflichtet, die ihr zur Verfügung gestellten oder zugänglich gemachten Unterlagen bei Beendigung ihrer Tätigkeit zurückzustellen oder zu vernichten. Das haben wir auch getan und das Büro im Gebäude des Finanzministeriums in der Hinteren Zollamtsstraße mit Ende Dezember geräumt." Es seien daher keine Unterlagen vorhanden, die zur Verfügung gestellt werden könnten.
Abgeordnete empört
Die Abgeordneten des U-Ausschusses zeigten sich empört. "Mir fehlen die Worte, ehrlich gesagt", meinte SPÖ-Fraktionschef Jan Krainer. Es sei "ein Wahnsinn", dass man Unterlagen vernichtet habe, die dem Ausschuss "gute Dienste leisten würden", befand ÖVP-Fraktionschefin Gabriele Tamandl. Das sei nicht einzusehen. "Jeder Unternehmer muss seine Belege aufbewahren", argumentierte Tamandl.
"Ich kann's nicht nachvollziehen", pflichtete NEOS-Abgeordneter Hable bei. Es seien die Grundlagen für einen wesentlichen Bericht vernichtet worden. Lugar vom Team Stronach verwies darauf, dass die Vernichtung der Unterlagen angeblich Teil der Verträge gewesen sei: "Typisch österreichisch - man will keine Transparenz, weil man glaubt, die Bürger verschaukeln zu können." Auch FPÖ-Fraktionsführer Gernot Darmann will die Situation nicht einfach akzeptieren, immerhin habe man stets darauf gedrängt, die Protokolle zu bekommen. Werner Kogler von den Grünen will der Sache ebenfalls nachgehen. Zu diesem Zweck werden die Grünen und die FPÖ Finanzminister Hans Jörg Schelling mit parlamentarischen Anfragen zu dieser Causa bombardieren.
Video aus dem Archiv: Josef Prölls Rücktrittsrede
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