Gegenfinanzierung

“Überzogene Summen”: Handel, Gastronomie skeptisch

Wirtschaft
13.03.2015 21:13
Die geschätzte Summe von 900 Millionen Euro, die durch eine Registrierkassenpflicht im Zuge der Steuerreform in den Staatssäckel gespült werden soll, können Gastronomen nicht wirklich nachvollziehen. Vor einiger Zeit sei in der Politik noch von 500 Millionen Euro die Rede gewesen, was zeige, "dass es sich um Kaffeesudleserei handelt", erklärte der Gastronomie-Obmann der Wirtschaftskammer, Helmut Hinterleitner, am Freitag. Für ihn seien sowohl 900 als auch 500 Millionen "bei Weitem überzogen als Summen".

Für Kleinstbetriebe gebe es nun auch die Frage der Investitionskosten. Insbesondere die angedachte Vernetzung der Registrierkassen mit Finanzämtern würde "Riesenkosten" verursachen, so der Spartenobmann der Gastronomie. Er erinnerte daran, dass es für Unternehmungen mit mehr als 150.000 Euro Jahresumsatz ohnehin eine Registrierkassenpflicht gebe.

Registrierkassenpflicht auch für Zeltfeste?
Hinterleitner warf die Frage auf, ob denn eine Registrierkassenpflicht künftig auch für Vereinsveranstaltungen oder Zeltfeste gelte, wo ja auch Umsätze erzielt werden und die Mehrwertsteuer gilt. "Das ist die Frage", so Hinterleitner. "Wenn so etwas wie die Registrierkassenpflicht angedacht ist, sollte das für alle gelten aus unserer Sicht."

Beim geplanten Aus für das Bankgeheimnis bei Betriebsprüfungen ortet der Wirtschaftskämmerer "quasi eine Generalverurteilung ohne Verdachtsmomente". Ihm stellt sich die Frage, "ob hier nicht ein Eingriff ins Grundrecht geschieht, das ist ein Generalverdacht". Auf die von der Regierung erhofften Mehreinnahmen von 700 Millionen Euro wollte Hinterleitner nicht eingehen.

Mehrwertsteuererhöhung für Hoteliers "unverständlich"
Der Gastronom, der auch selbst ein Hotel führt, stört sich naturgemäß - wie zuvor auch schon die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) - auch an der "unverständlichen Erhöhung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes im Beherbergungsbereich von zehn auf 13 Prozent". Wie die ÖHV argumentierte Hinterleitner hier mit einer Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Schweiz, Deutschland und Italien.

Handel: Einnahmen um "Vielfaches überzogen"
Auch aus der Handelsbranche drang Skepsis nach außen. Für Wirtschaftskammer-Handelsobfrau Bettina Lorentschitsch ist die Schätzung von 900 Millionen aus der Registrierkassenpflicht "vielleicht nicht um das Zehnfache, aber um ein Vielfaches überzogen".

Vor allem kleine Betriebe aller betroffenen Branchen würden durch die Registrierkassenpläne schwer getroffen. Lorentschitsch fürchtet einen "Bürokratie-Overkill". Gleich wie bei den erweiterten Möglichkeiten zu Betriebsprüfungen handle es sich um einen "Generalverdacht gegen redliche Unternehmer", der sie überrasche und nicht sein könne.

Hoffnungen auf "Realitätsbezug im Parlament"
Lorentschitsch hoffte stark, "dass im parlamentarischen Prozess noch ein gewisser Realitätsbezug in den Pläne hergestellt wird. Bei den Kleinen gibt es nichts zu holen. Sie sind das Rückgrat unserer Wirtschaft - und gleichzeitig wird das Aussterben von Einzelhändlern, Nahversorgern und Gastwirtschaften betrauert", gab sie zu bedenken. Außerdem müssten unter einem Umsatz von 150.000 Euro ja auch ordentliche Aufzeichnungen geführt werden, auch ohne Registrierkassa. Einziger positiver Aspekt sei, dass Händler ohne feste Verkaufsstellen - beispielsweise Maronibrater oder fliegende Händler - von der Registrierkassenpflicht nicht getroffen würden, so Lorentschitsch.

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