"Wie Kastenunwesen"

Heftige Amnesty-Kritik an Lage der Asylwerber

Österreich
27.05.2010 08:01
Scharfe Kritik an der Behandlung von Asylwerbern in Österreich übt Amnesty International. Generalsekretär Heinz Patzelt beklagte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien, dass es der österreichische Staat Asylwerbern fast unmöglich mache, effektiven Rechtsschutz zu bekommen. Er fühle sich dabei an das "Kastenunwesen im Fernen Osten" erinnert. Asylwerber hätten heute eine der schwächsten Rechtspositionen überhaupt.

Im Zusammenhang mit der Behandlung von Asylwerbern (Bild: Innenhof des Polizeianhaltezentrums Wien) sprach der Generalsekretär von Amnesty-Österreich von einer "massiven und systematischen Verletzung der Grundrechte der Betroffenen". Insbesondere kritisierte Patzelt, dass Asylverfahren einem "Sonderrecht" unterliegen würden. Während gegen eine Verkehrsstrafe Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden könne, sei dies im Asylverfahren grundsätzlich ausgeschlossen.

"Verfahrensrecht zweiter Klasse"
"Stellen Sie sich vor" so Patzelt: "Sie erhalten einen Rechtsbescheid, in dem es um Leben und Tod geht, können ihn aber weder lesen noch verstehen. Sie haben eine Woche Zeit, dagegen zu berufen, dabei steht Ihnen weder ein Dolmetscher noch Rechtsbeistand zur Verfügung." Der Amnesty-Generalsekretär nannte dies ein "Verfahrensrecht zweiter Klasse", das der Verfassungsordnung widerspreche und Menschen in einer potenzielle lebensbedrohlichen Situation treffe.

Zudem kürze das Innenministerium nach und nach die Rechtsberatung von Asylwerbern durch unabhängige Organisationen. Die angedachte Asylhaft setze der "Scheibchen-Taktik", mit der die Regierung seit Jahren die Grundrechte der Asylwerber beschneide, die Krone auf. Auf die Frage, wie er verhindern wolle, dass abgelehnte Asylwerber untertauchen, sagte Patzelt, niemand würde auf die Idee kommen, Männern zwischen 18 und 25 Jahren den Führerschein zu verweigern, weil sie ein überdurchschnittlich hohes Risiko hätten, einen schweren alkoholbedingten Unfall zu verursachen.

Scharfe Kritik an "Ethnic Profiling" der Polizei
Kritik übte Patzelt auch am Einsatz von "Ethnic Profiling" durch die Polizei. Als konkretes Beispiel nannte er eine aufgrund gestiegener Einbrüche im Vorjahr durchgeführte großangelegte Aktion der Wiener Polizei. Dabei seien alle Haushalte mit georgischen oder moldawischen Personen aufgesucht und die Anwesenden ohne Vorliegen eines konkreten Verdachts kontrolliert worden. Aussagen leitender Polizeioffiziere, wonach Erfolge im Kampf gegen Einbrecherbanden nur durch "Ethnic Profiling" zu erreichen seien, wies Patzelt zurück. Ermittlungen müssten immer "verhaltenszentriert" und dürften niemals "merkmalzentriert" sein.

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