Protesten zum Trotz

Wien: Acht Kloster-Flüchtlinge wurden abgeschoben

Österreich
30.07.2013 08:52
Nach ihrer Festnahme am Sonntag sind am Montag die ersten jener Flüchtlinge abgeschoben worden, die zuletzt im Wiener Servitenkloster Unterschlupf gefunden hatten. Die acht Pakistanis wurden in der Früh aus dem Anhaltezentrum der Polizei an der Rossauer Lände zum Flughafen gebracht. "Sie haben das Land verlassen", erklärte ein Polizeisprecher am Montagnachmittag gegenüber krone.at. Heftige Kritik an den Abschiebungen kam vor allem seitens der Kirche und der Caritas - zuletzt von deren Präsident Franz Küberl (Bild).

Die acht nunmehr abgeschobenen Männer gehören zur Gruppe jener Flüchtlinge, die im vergangenen Winter wochenlang die Votivkirche besetzt und später im Servitenkloster Unterschlupf gefunden hatten. Dort halten sich nun noch knapp 40 Flüchtlinge auf. Fast alle stammen aus Pakistan. Bei etlichen von ihnen ist das Asylverfahren noch immer nicht abgeschlossen.

Proteste vor Anhaltezentrum
Eine Protestkundgebung vor dem Anhaltezentrum im Zuge des Abtransports der Flüchtlinge zum Flughafen, an der rund 100 Personen teilnahmen, wurde am Montag von einem massiven Polizeiaufgebot aufgelöst. Ein Video auf YouTubedokumentiert, wie eine Frau von einem Uniformierten umgestoßen und angeblich verletzt wird.

(Bild: APA/HANS PUNZ)
(Bild: Martin A. Jöchl)

Am Nachmittag versammelten sich erneut rund 100 Demonstranten an der Rossauer Lände. Nach flammenden Reden - vor allem gegen die Regierung - beschlossen die Sympathisanten der Flüchtlinge, den angemeldeten Protestzug in Richtung Innenministerium anzutreten. Schließlich wurde eine Art Wache vor dem Anhaltezentrum aufgestellt.

"Refugeecamp" beschwert sich über "brutale Stürmung"
Vertreter des "Refugeecamp Vienna" beschwerten sich über das Vorgehen der Polizei beim Abtransport der Pakistanis und berichteten von einer "brutalen Stürmung". Etwa 40 Flüchtlinge und Unterstützer seien weggeschleppt, zahlreiche angezeigt worden.

Seitens der Polizei kann man die Vorwürfe nicht nachvollziehen. Es seien bloß einige Personen, die die Ausfahrt blockiert hätten, "ortsverändert", also zur Seite gebracht worden. Festnahmen habe es keine gegeben, einzig einige Identitätsfeststellungen.

Repressalien in Pakistan befürchtet
Demonstranten und andere Unterstützer befürchten, dass den Pakistanis bei ihrer Heimkehr Repressalien drohen. Diese hatten im Rahmen ihres Protests öffentlich die Regierung in Islamabad kritisiert und auch auf das Vorgehen der Taliban aufmerksam gemacht.

Das Innenministerium verweist dagegen auf das Ergebnis einer Untersuchung des Bundesasylamtes, wonach die Abschiebungen möglich seien. Darin werden terroristische Aktivitäten der Taliban und anderer Gruppierungen als "zentrale Problemstellung der Sicherheitslage des Landes" bezeichnet. Allerdings wird auch darauf verweisen, dass die Sicherheitslage regional stark unterschiedlich sei. Eine explizite Reisewarnung gibt es nur für zwei Provinzen.

Küberl: "Nicht so sicher wie vorgekaukelt"
Für Caritas-Präsident Küberl ist Pakistan jedenfalls ein "hochexplosives Land", die Abgeschobenen seien dort lange "nicht so sicher wie vorgegaukelt". Küberl forderte in der "ZiB 2" am Montagabend vom Parlament, die Kriterien für Abschiebungen von Asylwerbern mit rechtskräftig negativen Asylbescheiden zu präzisieren. Er appellierte auch an die Politik, das Instrument der Duldung stärker anzuwenden. Küberl betonte, dass er gegen ein Generalisieren sei, wonach niemand mehr abgeschoben werden dürfe. Er bekräftigte zudem den Vorwurf, dass die Abschiebung der acht Pakistanis mit dem Wahlkampf im Zusammenhang stehe.

"Amnesty International" nahm die Entscheidungen des Asylgerichtshofs zwar "zur Kenntnis". Man sei aber sehr irritiert, dass es eine Reisewarnung für Österreicher nach Pakistan wegen der "besorgniserregenden" Sicherheitslage gebe, die rechtlichen Kriterien würden es aber offensichtlich erlaubten, die abgelehnten Asylwerber trotzdem problemlos in so ein Land abzuschieben.

Heftige Kritik von Kardinal Schönborn
Kardinal Christoph Schönborn hatte in der Causa deutliche Worte gefunden: Er appellierte an Politik und Behörden, von den Abschiebungen Abstand zu nehmen. "Wir haben in den vergangenen Monaten immer wieder dringend darauf hingewiesen, dass die menschenrechtliche Beurteilung Pakistans als sicheres Abschiebeland nicht den Tatsachen entspricht. Ich mache mir große Sorgen um das Leben der Flüchtlinge, die jetzt zwangsweise dorthin zurückgebracht werden", so Schönborn.

Weiters erklärte der Kardinal: "Ich stelle auch die Frage, was es für diese Aktion für eine Rolle gespielt hat, dass Wahlkampfzeit ist, und warum sie ausgerechnet zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem ich, der ich mich entschieden für eine menschliche Behandlung der Flüchtlinge im Servitenkloster eingesetzt habe, 10.000 Kilometer weit weg in Rio de Janeiro bin."

Mikl-Leitner: Keine "rechts- und polizeifreie Zeit"
ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wiederum wies sämtliche Vorwürfe zurück: "Auch die Monate vor einer Wahl können weder zu einer rechtsfreien noch zu einer polizeifreien Zeit erklärt werden. Seit Jahrzehnten nutzen die linke und die rechte Seite das sensible Thema Asyl zur politischen Profilierung", spielte Mikl-Leitner den Ball zurück. "Daher appelliere ich an die politischen Parteien, die Entscheidung eines unabhängigen Gerichts und eine notwendige fremdenpolizeiliche Maßnahme zu akzeptieren und nicht für wahltaktische Polemik auf dem Rücken der Betroffenen zu missbrauchen."

Während das BZÖ ebenfalls auf den Rechtsstaat verwies, schlossen sich die die Grünen der Kritik an den Abschiebungen an. Die FPÖ hingegen meint, die Innenministerin habe sich ohnehin "schon viel zu lange auf der Nase herumtanzen lassen".

SPÖ-Nationalratspräsidentin Barbara Prammer erklärte: "Natürlich leben wir in einem Rechtsstaat." Sie stellte aber auch die Frage, ob Innenministerin Johanna Mikl-Leitner "die vielen Möglichkeiten im Gesetz ausgenutzt hat". "Ich kann nur appellieren, den Wahlkampf nicht auf dem Rücken der Flüchtlinge zu machen - das ist ungeeignet und nicht menschenwürdig", so Prammer.

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