Brisante neue Vorwürfe gibt es im Kriminalfall rund um das Kindergarten-Netzwerk von Abdullah P., das wegen vermuteten Förderbetrugs in großem Stil von der Staatsanwaltschaft Wien durchleuchtet wird. In den Räumlichkeiten eines jahrelang von den Wiener Kindergärten (MA 10) subventionierten Kindergartens in der Romanogasse in Brigittenau sollen Drogen- und Sexpartys stattgefunden haben.
Die entsprechenden Angaben stammen von einem Mann, der nach eigener Aussage von November 2014 bis Mai 2015 mit einem Mitarbeiter des KIBIZ (Kinder Bildungs- und Integrationszentrum) liiert war, das als Hauptquartier der von Abdullah P. geschaffenen Organisation gilt.
Netzwerk mit Steuergeld subventioniert
P., gebürtiger Türke und schillernder Geschäftsmann, ist kein Unbekannter: Seine sogenannten Bildungs- und Integrationszentren sorgten schon mehrfach für heftige Kritik, zudem wird der 31-Jährige in der Studie über islamische Kindergärten, die Radikalisierungen aufgedeckt hatte, angeführt. Er soll an der Spitze eines muslimischen Vereinsnetzwerkes stehen, das vom Rathaus mit Steuergeld - rund fünf Millionen Euro - subventioniert wurde. Seine Volksschule in Wien mit großteils tschetschenischen Kindern wurde wegen Gefahr im Verzug im Vorjahr geschlossen.
Nach der Gründung zahlreicher Vereine durch P. und auf Vorlage gefälschter Gemeinnützigkeitsbestätigungen sowie vorgeschobener "Strohmänner" wurden von den Wiener Kindergärten zunächst Anstoßförderungen und danach Vollförderungen in das Netzwerk - die Anklagebehörde prüft, ob es sich dabei um eine kriminelle Vereinigung handelt - gepumpt. Bei der Abwicklung mit der MA 10 wurde laut Verdachtslage mit Scheinrechnungen und Scheinanmeldungen operiert. Es sollen weit weniger Kinder betreut worden sein, als man den Behörden gegenüber angegeben hatte. Überdies wurden dem Vernehmen nach wiederholt nicht erbrachte Leistungen verrechnet. Im Auftrag der Stadt Wien sollte P. auch Kindergärtnerinnen ausbilden - doch das Geld soll in die eigene Tasche gewandert sein.
Gesamtschaden in Millionenhöhe
Die MA 10 geht davon aus, dass der Gesamtschaden im Millionenbereich liegt. Der Fälschungsverdacht wurde durch Ermittlungen der Betrugsbekämpfungseinheit des Finanzministeriums verifiziert. Allein das KIBIZ kassierte von Mai 2013 bis Mai 2015 eine Vollförderung von nicht weniger als 1,8 Millionen Euro. Acht Gruppen mit jeweils 20 bis 25 Kindern waren dort gemeldet.
Drogen- und Sexpartys im KIBIZ
Was sich nach Betriebsschluss abgespielt haben dürfte, schilderte - wie die Staatsanwaltschaft jetzt bekannt gab - ein 26-jähriger Mann im vergangenen September in zwei polizeilichen Einvernahmen. Demnach lernte er über eine Dating-Plattform einen Mann kennen, der beruflich im KIBIZ tätig war und zudem eine offizielle Funktion im Verein innehatte. Nachdem es in einem Nebenraum im Kindergarten zu ersten sexuellen Kontakten gekommen sei, seien die beiden Männer eine mehrmonatige Beziehung eingegangen.
Der neue Freund soll dem 26-Jährigen in dieser Zeit berichtet haben, dass er in der Romanogasse mit seinem Chef regelmäßig Sexpartys feiere, wobei auch Drogen konsumiert würden. Dem Polizeiprotokoll zufolge schilderte der 26-Jährige in seiner Einvernahme ausführlich, wie man die Teilnehmer der Partys fand, wer sich daran beteiligte und dass die Putzfrau eines Tages in einer Schublade weißes Pulver und Spritzen entdeckte.
Von der Anklagebehörde wurde nach Bekanntwerden dieser Aussage auch ein Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung eingeleitet. Dieses wurde allerdings eingestellt, teilte Behördensprecherin Nina Bussek auf Anfrage mit. Die Darstellung des in diesem Zusammenhang als Beschuldigter geführten Verdächtigen, es habe sich um einvernehmlichen Sex gehandelt, ließ sich nicht widerlegen.
Verein züchtete auch Cannabispflanzen
Dass in der Romanogasse Drogen eine gewisse Rolle gespielt haben dürften, belegt außerdem ein Suchtgift-Fund, über den der "Kurier" am Donnerstag berichtete. Demnach wurden im vergangenen Jänner bei der Durchsuchung einer Lagerhalle in Wien-Simmering 970 Cannabispflanzen sichergestellt. Mieter der Halle war der auf Erwachsenenbildung ausgerichtete, ebenfalls in der Romanogasse niedergelassene Verein ERBIZ, der sich laut "Kurier" seit Dezember des Vorjahres im Konkurs befindet. Abdullah P. hatte seinen eigenen Angaben zufolge die Absicht, in dem Gebäude in der Romanogasse einen islamischen "Bildungscampus" zu betreiben.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.