Taxler verurteilt

Zwölf Jahre Haft für Mordversuch an Freundin

Österreich
04.12.2015 16:25
Ein 57-jähriger Taxifahrer ist am Freitag im Wiener Straflandesgericht wegen versuchten Mordes zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte am 16. April seine um 22 Jahre jüngere Lebensgefährtin brutal niedergestochen, weil er hinter einem Eintrag im Kalender einen Nebenbuhler vermutete. Der elfjährige Sohn des Paares versuchte dann, seine Mutter zu schützen, und ging mit einem Messer auf seinen Vater los. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die 35 Jahre alte Frau hatte schon im Sommer des Vorjahres die Beziehung beenden wollen, weil sie die rasende Eifersucht des Taxlers nicht mehr aushielt. Auch Nachbarn des in der Rustenschacherallee wohnhaften Paares blieb der Beziehungskrach nicht verborgen. "Es hat ein paar Mal Streitereien gegeben", sagte eine Hausbewohnerin als Zeugin dem Schwurgericht. Der 57-Jährige sei "wirklich sehr eifersüchtig" gewesen. Als seine Freundin einmal ein Paket vom Otto-Versand bekam, habe er sehr ungehalten reagiert, weil er sich dachte, es handle sich beim Absender um einen ihm unbekannten Mann namens Otto.

Harmloser Kalendereintrag als Auslöser
Der Taxifahrer soll seine Freundin - eine diplomierte Krankenschwester - an ihrem Arbeitsplatz kontrolliert, ständig angerufen, ihr Mobiltelefon auf ihm verdächtig erscheinende Nummern durchstöbert und sogar ihre Unterwäsche untersucht haben. Die letzte Auseinandersetzung entzündete sich laut Anklage an einer Notiz, die den 57-Jährigen stutzig werden ließ. Unter einem bestimmten Datum hatte die Frau in ihrem Kalender "Party" notiert. Daneben fand sich ein mit rotem Kugelschreiber hingemaltes Herzerl. Der 57-Jährige ging davon aus, dass dahinter nur ein anderer Mann stecken konnte, während die Frau dem Gericht versicherte, es habe sich um eine Geburtstagsfeier mit Arbeitskollegen gehandelt.

Mit Messer in Kopf gestochen
Weil die 35-Jährige auf seine Vorhaltungen außerberufliche Interessen an der Party bestritt, versetzte der Mann ihr zunächst einen Faustschlag gegen den Kopf. Laut Anklage ging darauf der elfjährige Sohn der beiden, der die Szene mitbekommen hatte, dazwischen. Er packte den Vater am Hals, worauf beide zu Sturz kamen. Die Frau lief in die Küche, der Mann folgte ihr, nachdem er sich aufgerappelt hatte, und soll ihr dann mit einem Küchenmesser dreimal in den Kopf gestochen haben, wobei die 13 Zentimeter lange Klinge brach und teilweise im Schädelknochen stecken blieb.

Elfjähriger leistet Nothilfe
Als der Elfjährige sah, wie sich der Vater über die Mutter beugte und weiter zustechen wollte, griff er nach einem Messer und stach dem 57-Jährigen in den Rücken. Staatsanwalt Markus Göschl zeigte sich überzeugt, dass der Bub der Mutter damit das Leben rettete. Während Mutter und Sohn in eine Nachbarwohnung flüchteten, taumelte der 57-Jährige - selbst schwer verletzt - ins Freie, wobei er im Stiegenhaus röchelnd von sich gab, er sei "abgestochen" worden.

"Ich darf mich so verteidigen"
Das Beweisverfahren erbrachte in dem seit Ende September laufenden Schwurprozess durchaus neue Erkenntnisse, wie der Staatsanwalt am Ende einräumen musste. Demnach dürfte der Sohn seinen Vater mehr als einmal gestochen haben, denn der 57-Jährige wies insgesamt vier Wunden auf. Anhand des auffälligen Stichkanals legte der Gerichtsmediziner dar, dass zwei Verletzungen im Brustbereich des Mannes kaum von jemandem herrühren konnten, der hinter dem Mann stand. Für Verteidiger Rudolf Mayer stand daher fest, dass die Frau auf den Faustschlag hin selbst zu einem Messer gegriffen und dieses dem ihr gegenüber stehenden Mann in die Brust gerammt habe. Dieser habe dann in Notwehr zugestochen, sagte Mayer in seinem Schlussplädoyer: "Ich darf mich so verteidigen, dass ich einen Angriff verlässlich abwehren kann."

Diese Darstellung hatten sowohl die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten als auch der Sohn als Zeugen unter Wahrheitspflicht bestritten. Die 35-Jährige beteuerte, sie habe nie eine Waffe in der Hand gehabt. Dieser Darstellung schenkten die Geschworenen mehrheitlich Glauben. Mit 5:3 Stimmen bestätigten sie die Mordversuch-Anklage und verwarfen die behauptete Notwehr. Die 35-Jährige bekam 4850 Euro an Schmerzengeld zugesprochen.

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