Griss-Kandidatur

“Bin überzeugt, dass ich etwas bewegen kann”

Österreich
18.12.2015 11:02

"Die Wahrheit ist dem Menschen nicht nur zumutbar, sie ist ihm auch geschuldet" - mit Worten wie diesen hat Irmgard Griss in einem am Donnerstagabend auf Facebook und YouTube veröffentlichten Video (siehe oben) ihr Antreten bei der Bundespräsidentschaftswahl im nächsten Jahr bekannt gegeben. Sie wolle eine Bundespräsidentin werden, die "die Gräben in der Gesellschaft überwindet". Am Freitag folgte dann auf einer Pressekonferenz die offizielle Ankündigung der Ex-OGH-Präsidentin. Dabei erklärte Griss, sie trete bei der Wahl an, "weil ich überzeugt bin, dass ich etwas bewegen kann".

Als Bundespräsidentin, die aus der Zivilgesellschaft komme und nie einer Partei angehört habe, sei sie niemandem verpflichtet außer dem Volk, den Wählern und dem eigenen Gewissen. Sie wolle eine Gesellschaft des gerechten Ausgleichs, die Schwache stütze und Starke nicht über Gebühr belaste. "Dafür stehe ich, und deshalb bin ich bereit zu kandidieren", so Griss in dem Video.

Ihr sei bewusst, dass sie als Außenseiterin in die Wahl gehe, sagte die ehemalige Richterin. Für Politikberater oder Journalisten bedeute das einen Gewöhnungsprozess, für sie selbst aber eine Chance. "Ich will eine unabhängige Kandidatin für alle sein, die eine neue Politik wollen." Diese werde von Ehrlichkeit, Mut und Verantwortung bestimmt sein.

Irmgard Griss' Antrittsrede im Video:

Fairnessabkommen für Wahlkampf gefordert
Bei der Pressekonferenz am Freitag erklärte Griss, sie trete für ein "Fairness- und Transparenzabkommen" im Wahlkampf ein. Dieses sollen alle Kandidaten einhalten. Das Abkommen sehe daher vor, dass es etwa keine Inserate, keine Postwurfsendungen oder Wahlgeschenke gibt. Auch sprach sie sich für "spürbare Sanktionen" etwa in Form von Geldstrafen aus. Mögliche Verstöße prüfen sollte ein Schiedsgericht, in das jeder Kandidat ein Mitglied entsendet.

Weiters müsse der Umgang im Wahlkampf "ein fairer und positiver", "kein untergriffiger" sein, so Griss: "Die Privatsphäre der Kandidaten muss respektiert werden." Zudem sprach sie sich für eine Kostengrenze für den Wahlkampf bei einer Million Euro aus, um eine "Materialschlacht" zu vermeiden. Mit Blick auf die Geldtöpfe der etablierten Parteien räumte sie ein: "Das ist natürlich in meinem Interesse, das gebe ich offen zu."

Auf der Suche nach Geld für ihre Kampagne für die Hofburg hat Griss zumindest schon eine Großspenderin gefunden: Die Ehefrau von Andritz-Chef Wolfgang Leitner, Cattina Leitner, spendete 100.000 Euro, gab Griss auf entsprechende Journalistenfragen bekannt. Als Minimum will sie 500.000 Euro auftreiben - aber nicht von Parteien. Bisher stehe man bei etwas über 100.000 Euro, wobei eben der Großteil von Leitner gekommen sei. Sie habe aber auch weitere Zusagen, jeder Beitrag sei willkommen.

Lob für Leitung der Hypo-Kommission
Der breiten Öffentlichkeit wurde die frühere OGH-Präsidentin Griss zunächst als Leiterin der Hypo-Kommission bekannt, wofür sie umfangreiches Lob erhielt - bis zum Donnerstag. Ausgerechnet am Tag ihrer Kandidatur-Bekanntgabe stellte sich heraus, dass die von ihr geleitete Untersuchungskommission die Gesprächsprotokolle zur Aufarbeitung des Hypo-Skandals vernichtet hatte. Dazu sei man aufgrund einer Vereinbarung mit den Institutionen verpflichtet gewesen, hieß es. Die Abgeordneten im U-Ausschuss zeigten sich darüber empört.

Die Spekulationen um eine Kandidatur, die nach der Präsentation des Kommissionsberichts im Dezember des Vorjahres starteten, hatte Griss zunächst entkräftet. Damals erklärte sie in einem "Krone"-Interview, wenn "das achte Weltwunder" eintreten sollte und die Regierungsparteien sie als überparteiliche gemeinsame Bewerberin aufstellen würden, dann denke sie darüber nach. Im Herbst dieses Jahres ging dann die Homepage griss2016.at online und Griss meinte, sie wolle bei ausreichender finanzieller und organisatorischer Unterstützung antreten.

NEOS als erste Unterstützer
Nur gut eine Stunde nachdem das Griss-Video online gegangen war, wagte sich die erste Parlamentspartei als Unterstützerin aus der Deckung: Die NEOS werden keinen eigenen Kandidaten in die Wahl schicken, sondern für Griss Stimmung machen. Deren Kandidatur unterstützen die Pinken "außerordentlich", sagte Parteichef Matthias Strolz nach einem erweiterten NEOS-Vorstand. Man werde einen Beitrag dazu leisten, dass Griss' überparteiliche Kandidatur erfolgreich sein könne - allerdings keinen finanziellen.

Eine FPÖ-Unterstützung zeichnet sich trotz Griss' Besuchs bei einem blauen Hearing am Donnerstag eher nicht ab. So zeigt sich etwa Generalsekretär Herbert Kickl in der aktuellen Ausgabe des freiheitlichen Blattes "Neue Freie Zeitung" enttäuscht vom Auftritt der Kandidatin bei der FPÖ, vermisst "klare politische Bekenntnisse" und "kantige Formulierungen". "Vor allem aber trennt gesellschaftspolitisch uns Freiheitliche doch einiges vom Weltbild der Frau Griss", schreibt Kickl in der Kolumne. Und der blaue Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus erklärte am Freitag: "Wir werden bis Jänner abwarten, bis wir eine Entscheidung fällen."

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