Hypo-U-Ausschuss

Grasser: “Österreich hat es schlecht gemacht”

Österreich
30.09.2015 17:09
Diese Woche beschert dem Hypo-Untersuchungsausschuss einen wahren Auflauf von Polit- und Wirtschaftsprominenz. Den Auftakt hat am Mittwoch Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser gemacht, der mit seinen Nachfolgern im Finanzministerium hart ins Gericht ging. "Österreich hat es bei der Hypo schlecht gemacht", sagte er. Durch die Verstaatlichung und das Verhalten danach seien die Steuerzahler massiv geschädigt worden. Seine Rolle in der Milliarden-Causa spielte Grasser jedoch herunter: Sämtliche Fehlentscheidungen seien nach seiner Amtszeit erfolgt, er habe auch überhaupt keine Unterlagen mehr.

"Diese Pleite wäre uns (Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel und Finanzminister Grasser, Anm.) nicht passiert", sagte Grasser gleich zu Beginn seiner Befragung über die Vorgänge rund um die frühere Kärntner Landesbank mit Blick auf die Notverstaatlichung und die Zeit danach. Das beweise die "Rettung der BAWAG" unter der schwarz-blauer Ägide, denn die Probleme bei BAWAG und Hypo seien vergleichbar.

Grasser will Bankenaufsicht sogar verbessert haben
Die Hypo Alpe Adria sei eine "sehr expandierende Bank" und eine "sehr häufig geprüfte Bank" gewesen. Dies sei öffentlich bekannt gewesen. Laut Grasser funktionierte die Bankenaufsicht zu Beginn seiner Amtszeit schlecht. Diese sei zersplittert auf Finanzministerium, Notenbank und Bundeswertpapieraufsicht gewesen. Die Gründung der Finanzmarktaufsicht (FMA) im Jahr 2002 als unabhängige, weisungsfreie Behörde, sei "der beste Standard der Zeit" gewesen. Nach der BAWAG- und Hypo-Krise habe es dann natürlich Anpassungsbedarf gegeben.

Karl-Heinz Grasser trat vor seinem Auftritt im U-Ausschuss vor die Presse. (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Karl-Heinz Grasser trat vor seinem Auftritt im U-Ausschuss vor die Presse.

"Ich nehme daher in Anspruch, dass die Aufsicht in meiner Verantwortung deutlich verbessert wurde", erklärte Grasser selbstbewusst. Die Aufsicht sei durch seine Gestaltung "fraglos schlagkräftiger" geworden, lobte er sein eigenes Vorgehen. Allerdings habe auch diese bessere Aufsicht weder die BAWAG-Krise, noch die Hypo-Krise, noch die Swap-Verluste verhindern können, räumte der Befragte ein. Bei Hypo und BAWAG habe "multiples Organversagen" vorgelegen, denn Eigentümer, interne Organisation und Wirtschaftsprüfer hätten versagt. "In so einem Fall hat auch die beste Aufsicht keine Chance, eine derartige Krise zu verhindern."

Haider-Brief: "Nicht alles glauben, was die FMA auftischt"
Erneut Thema im U-Ausschuss war der Brief des damaligen Landeshauptmanns Jörg Haider an Grasser vom 26. Mai 2006: "Lieber Karl-Heinz, ich will nicht klagen. Aber ich hätte mir gewünscht, du würdest mehr Verständnis aufbringen und nicht alles glauben, was dir von den FMA-Vorständen aufgetischt wird", schrieb Haider an Grasser. "Aber ich vertraue auf die Gerechtigkeit, in deren Licht auch der offenkundige Amtsmissbrauch der FMA-Vorstände richtig beurteilt wird." Haider wies Grasser im Brief auch darauf hin, dass er "bei begründeten Verfehlungen" der FMA-Vorstände eine "Handlungspflicht" habe, diese abzuberufen.

Er habe das Haider-Schreiben nicht beantwortet und sein Ministerium habe die Forderungen von Haider am 26. Mai 2006 auch öffentlich zurückgewiesen, so Grasser. Die Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens gegen die damaligen FMA-Vorstände sei allerdings notwendig gewesen, um die "massiven Vorwürfe" der Hypo-Anwälte zu klären. Das Verfahren wurde später dann eingestellt.

"Spielverderber" bei der Frage nach Schwiegermutter-Geld
Weiterhin schweigsam gab sich Grasser zum umstrittenen 500.000-Euro-Investment in die Hypo, das er für seine Schwiegermutter getätigt haben will. Ich entschlage mich zu diesem Thema gemäß der Geschäftsordnung der Aussage", sagte Grasser, gegen den in der Causa ermittelt wird. "Spielverderber", konterte NEOS-Abgeordneter Rainer Hable. Laut Medienberichten soll Grasser damals als amtierender Finanzminister aus der Schweiz mit einem Geldkoffer mit 500.000 Euro nach Österreich gefahren sein. "Sie können das Bild jetzt zurechtrücken, als Finanzminister mit dem Geldkoffer in der Hand zu reisen", versuchte er den Ex-Minister aus der Reserve zu locken. Grasser blieb aber dabei, die "Privatsphäre" seiner Familie habe mit der Hypo nichts zu tun.

Grasser sieht sich als "Opfer der Staatsanwaltschaft"
Grasser nutzte den enormen Medienandrang auch dazu, sich zum wiederholten Male als Opfer darzustellen. Die "langwierigen Ermittlungen" gegen seine Person, die sich derzeit bereits im siebenten Jahr befänden. Bisher hat es in keiner Causa (u.a. Buwog, Terminal Tower) eine Anklage gegen den ehemaligen Finanzminister gegeben. "Ich sehe mich als Opfer der Staatsanwaltschaft", so Grasser. Die vielen Ermittlungsverfahren gebe es deswegen, weil das Finanzministerium als "Schaltstelle" in vielen Bereichen involviert war.

Auch Grasser-Anwalt Manfred Ainedter kritisierte vor dem U-Ausschuss das Ermittlungsverfahren gegen seinen Mandanten. Die lange Dauer sei "unerträglich". Es gebe "nichts, was eine Anklage rechtfertigt". Die Staatsanwaltschaft habe nicht die Größe, "dass man nichts findet".

Grasser bat Schelling um Hilfe bei Hypo-Unterlagen
Für Verwunderung sorgte während Grassers Befragung, dass der Ex-Finanzminister beim jetzigen Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) Unterlagen über die Hypo aus dem Ministerium erhalten hat. Unterlagen hat Grasser nach eigener Anfrage beim Minister per Brief vom Ministeriumsgeneralsekretär Hans-Georg Kramer erhalten. Dazu befragt, wie er an die Unterlagen aus dem Ministerium kam, führte Grasser aus, dass es dazu ein persönliches Treffen mit Kramer, früher Mitglied in Grassers Kabinett, als dieser selbst noch Finanzminister war, gab. Dabei seien ihm vom Generalsekretär, der auch selbst schon Auskunftsperson im U-Ausschuss war, jene Unterlagen übergeben worden, die das Finanzministerium nach Anfrage bei Schelling zusammengestellt habe.

Finanzministerium rechtfertigt Serviceleistung für Grasser
Das Finanzministerium rechtfertigte die Entscheidung, Grasser "Informationen aus seiner Amtszeit zur Verfügung gestellt" zu haben am Mittwoch damit, dass es sich bei den Infos um "den Untersuchungsgegenstand betreffende Ereignisse" gehandelt habe. Grundsätzlich hielt das Ministerium auf die Frage, ob es jeder Auskunftsperson im U-Ausschuss oder gar jedem Staatsbürger möglich sei, Hypo-Informationen aus dem Finanzministerium zu erhalten, fest: "Zur umfassenden und vollständigen Aufklärungsarbeit des Parlaments erachtet es das BMF (Bundesministerium für Finanzen) als zweckmäßig, ehemaligen Mitarbeitern - und damit auch Ministern - bei der Zusammenführung der Informationen aus der jeweiligen Amtszeit/Dienstzeit, soweit dies rechtlich möglich ist, behilflich zu sein."

Ernst Strasser kommt mit Fußfessel
Nach Grassers Befragung am Mittwoch wird es am Donnerstag im U-Ausschuss nicht minder prominent zugehen: Da sollen Rechnungshofpräsident Josef Moser und Ex-Innenminister Ernst Strasser Rede und Antwort stehen. Strasser wird mit Fußfessel im Hohen Haus erscheinen.

Der ehemalige ÖVP-Delegationsleiter im Europäischen Parlament war wegen Bestechlichkeit in der sogenannten Lobbyisten-Affäre zu drei Jahren Haft verurteilt worden und hatte die Strafe im November 2014 in angetreten. Nach acht Wochen hinter Gittern wurde er Freigänger. Im Mai wurde die Entscheidung bekannt, dass er den elektronisch überwachten Hausarrest antreten darf.

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