Durch den Wechsel von Akkilic haben die Grünen selbst mit Beteiligung der ÖVP keine Mehrheit im Wiener Landtag. Nun haben die Roten 50 von 100 Stimmen und können die Wahlrechtsreform doch noch verhindern. Die vorgesehene Änderung der Geschäftsordnung und der damit verbundene Antrag der Grünen auf eine Reparatur des Wiener Wahlrechts sind nicht mehr möglich.
Das Pressegespräch im Live-Überblick:
In einer Aussendung begründete Akkilic seinen Wechsel wie folgt: "Durch die SPÖ habe ich die Möglichkeit erhalten, die so wichtige Integrationsarbeit fortzuführen und weiter für jene Menschen zu arbeiten, die neu in diese Stadt kommen." Er betonte aber auch, dass ihm die Vorgehensweise der Grünen zur Änderung der Geschäftsordnung bei seiner Entscheidungsfindung geholfen habe: "Ich kann nicht mitvollziehen, dass es keine gemeinsamen Spielregeln mehr im Landtag und Gemeinderat geben soll, nur weil es beim Wahlrecht keine Einigung gibt. Es ist für mich ein elementarer demokratischer Grundsatz, dass alle den Regeln zustimmen, nach denen Politik gemacht wird. Da die Grünen diesen Grundsatz verlassen, muss ich mich von den Grünen trennen."
Häupl bietet Grünen neue Gespräche an
Häupl bot den Grünen dennoch die Wiederaufnahme der Gespräche zu einer Reform des Wahlrechts an. "Schauen wir, dass wir einen Kompromiss erzielen." Er hoffe auf eine "Cool-down-Phase" in den kommenden Tagen, danach könne man erneut über eine Änderung des mehrheitsfördernden Wahlrechts reden.
Den Wechsel des Grün-Mandatars kommentierte Häupl knapp: "Es ist, wie es ist." Ob nun das Klima in der Koalition massiv beeinträchtigt sei? "Das war schon belastet genug", verwies der SPÖ-Chef auf die von den Grünen begehrte Änderung der Geschäftsordnung, mit der die Wahlrechtsreform durchgebracht hätte werden sollen. Zusatz: "Die Grünen haben geglaubt, wir lassen uns das einfach so gefallen."
SP-Landesparteisekretär Niedermühlbichler erklärte dazu: "Die Grünen wollten einen Tabubruch begehen: Die SPÖ hat immer, auch zu Zeiten der absoluten Mehrheit, darauf geachtet, dass die Spielregeln, also die Geschäftsordnung, von allen Parteien gemeinsam beschlossen werden. Das war stets unausgesprochener demokratiepolitischer Konsens."
FPÖ: "Posten-Feilscherei wie am türkischen Basar"
Durch den Wechsel von Akkilic zur SPÖ entstehe nicht nur eine schiefe Optik sondern auch der Verdacht, dass die Roten und die Grünen ihre Koalitionsverhandlungen bereits jetzt abgeschlossen haben, kritisierte der freitheitliche Klubobmann im Rathaus, Johann Gudenus, das Vorgehen des grünen Mandatars: "Herr Akkilic, Ihr Bäumchen-wechsel-dich-Spielchen kommt einem Feilschen, wie man es von türkischen Basaren kennt, gleich. Schämen Sie sich."
Grüne: "Tiefste Stunde des Wiener Landtages"
Die Grünen teilten mit, dass sie den überraschenden Überlauf von Akkilic zur Kenntnis nehmen würden. Diesen Schritt müsse er "mit seinem Gewissen ausmachen", hieß es in einer Mitteilung vom Klubobmann der Wiener Grünen, David Ellensohn: "Heute erleben wir die tiefste Stunde des Wiener Landtages. Wir werden Zeugen des zweifelhaften Demokratieverständnisses der SPÖ. Sie darf ihre alten Privilegien weiterhin behalten, weil es heute kein neues, faires Wahlrecht für Wien geben wird." Die Grünen erklärten weiter, sie würden ihre Anträge auf Änderung der Geschäftsordnung und für ein neues, faires Wahlrecht wie angekündigt einbringen.
NEOS: "Schmierentheater und schwerer Schaden"
Beate Meinl-Reisinger, Spitzenkandidatin von NEOS Wien, zeigte sich über den politischen Stil der Wiener Stadtregierung enttäuscht: "Nach diesem Schmierentheater brauchen sich Häupl und Vassilakou überhaupt nicht mehr wundern, wenn sich noch mehr Menschen von der Politik abwenden und in Resignation verfallen. Das ist traurig und ein schwerer Schaden für die Wiener Stadtpolitik."
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