Zwei japanische Touristinnen im Phantastenmuseum am Wiener Josefsplatz trauen ihren Augen nicht. Vor einem Werk von Ernst Fuchs steht der Malerfürst höchstpersönlich und erzählt G'schichtln. Seine Ausführungen unterstreicht er mit einem Gehstock, der Griff ist aus Elfenbein. "Die Modelle vom Hundertwasser waren immer so schiach", runzelt er beim Anblick eines Fotos aus der Zeit der "Wiener Schule" verärgert die Stirn. Ohne seine weißen Rehlederhandschuhe abzustreifen, schreibt er ein paar Autogramme.
Hier im Palais Palffy hat der Künstler sein Innenstadt-Atelier. Für den "Krone"-Fotografen nimmt er vor dem Gemälde einer liegenden nackten Frau in Rose-Tönen Platz. Über sein legendäres türkisfarbenes "Kappl" hat er eine schwarze Sonnenbrille gesteckt. Das cremefarbene Sakko mit Satin-Revers hat Farbspritzer an den Ärmeln, über der Krawatte hängen Ketten, Orden und Edelsteine. Fuchs spricht mit rauchiger Stimme und aller Zeit dieser Welt über Uta, das Leben und die Liebe. Manchmal streicht er über seinen rot gefärbten Bart, schließt für Minuten die Augen und denkt nach. Sein Gesichtsausdruck ist dann so selig, als würde er ein Lied komponieren. Dazwischen trinkt er immer wieder einen Schluck kalte Milch. Eine junge Assistentin schwebt während des ganzen Gesprächs barfuß um das Bildnis der nackten Frau herum und malt kleine dunkelgraue Ornamente in die schwarze Umrahmung.
Gerne hätten wir jene Frau, um die sich alles dreht, kennengelernt. Aber Uta Saabel erscheint nicht. Auch ein gemeinsamer Fototermin am Tag darauf kommt nicht zustande. "Sie macht halt, was sie will", lächelt Ernst Fuchs, der die Sängerin, mit der er seit mehr als 30 Jahren verbunden ist, im Sommer heiraten wird.
"Krone": Herr Fuchs, wissen Sie bei 16 Kindern von sieben Frauen noch, die wievielte Ehe Sie demnächst eingehen wollen?
Ernst Fuchs: Ehen waren's ja nicht so viel. Nur drei. Temporär begrenzte Verhältnisse hat es einige gegeben… - Überlegt kurz, alle seine Frauen aufzuzählen, lässt es aber dann bleiben. - Was meine Kinder betrifft, so war ich immer eher Mutter als Vater. Deshalb haben sie mich "Mapa" genannt – eine Mischung aus Mama und Papa. Die Mütter sind alle davongelaufen, der Vater ist geblieben.
"Krone": Eine ist nie weggegangen.
Fuchs: Die Uta. Als meine Mutter sie das erste Mal gesehen hat, sagte sie: "Dieses blonde Madl kommt daher, als ob das Haus jetzt schon ihr gehören würde." Sie war schön wie ein Engel.
"Krone": Wie hat sie Ihr Herz gewonnen?
Fuchs: Durch ihre ungeheure Offenheit und Freundlichkeit. Der Uta fliegen die Herzen automatisch zu, sie kann jeden Menschen gewinnen. Damals kam sie direkt vom Hundertwasser zu mir. Der hat immer zu ihr gesagt: "Das ist genial! Schreib das auf! Schreib das sofort auf!" Ich hab' das dann weiterverwendet und gesagt: "Schreib das auf! Dann schicken wir's dem Hundertwasser."
"Krone": Waren Sie eifersüchtig?
Fuchs: Was heißt "waren"? Ich bin eifersüchtig! Fürchterlich, grauenvoll. – Macht drohende Gesten mit seinem Gehstock. – Das ist eine der drei Krankheiten, unter denen ich sehr leide. Erstens Zorn. Zweitens Ungeduld. Drittens Eifersucht.
"Krone": Gibt Uta Ihnen Anlass dazu?
Fuchs: Aber wo denn! Manchmal provoziert sie mich und ich fall' drauf rein. Ich ärgere mich dann so entsetzlich.
"Krone": Und wann war Uta das letzte Mal eifersüchtig?
Fuchs: In Monaco. Unser Fürst, der ja ziemlich wampert ist, hat sich wieder einmal in so ein Korsett gezwängt, damit er neben seiner schlanken Schwimmerin was gleichschaut, und ich hab' von Charlene geschwärmt. Sie hat eine gewisse Keuschheit, etwas Jungfräuliches… Das hört die Uta nicht so gern.
"Krone": Ist Uta Ihr Lebensmensch?
Fuchs: Wos soll'n des sein?
"Krone": Oder Ihre Muse?
Fuchs: Muse trifft es genau. Ich kann ohne Uta nicht leben. Wenn sie bei mir ist, fallen mir die besten Sachen ein. Wenn sie nicht bei mir ist, da bin ich so mutlos, lustlos, grantig. Das sublimiere ich dann, indem ich Gedichte schreibe. Wenn ich Uta verloren hätte, würde ich endgültig in den Witwenstand treten wie Kaiserin Maria Theresia nach der Enthauptung des Königs.
"Krone": Apropos lustlos: Spielt Sex im Alter noch eine Rolle?
Fuchs: Natürlich spielt Sex mit 82 noch eine Rolle. Leider.
"Krone": Inwiefern "leider"?
Fuchs: Ich arbeite ja viel mit Modellen und die sind sehr schön – außer beim Hundertwasser, dem seine Kellerasseln waren ganz furchtbar. Wenn ich merke, dass da eine Art Versuchung aufkommt, dann breche ich diese Anwandlung sofort ab, weil das Untreue gegen Uta wäre. Sie ist ja so ein Stimmungsmensch, manchmal will sie unbedingt mit mir schlafen und dann will sie absolut nicht mit mir schlafen. Macht nix. Ich bin immer der Liebhaber, der ihr grad in dem Moment gefällt.
"Krone": Mit 82?
Fuchs: Jaja, das geht noch (lacht).
"Krone": Warum heiratet man nach mehr als 30 Jahren noch?
Fuchs: Es ist nicht rascher gegangen, weil meine letzte Frau sich nicht entscheiden konnte. Sie hatte zwei Bilder zur Auswahl.
"Krone": Zwei Bilder als Abfertigung? Ist das sehr viel oder sehr wenig?
Fuchs: Keine Ahnung. Ich habe sie ihr geschenkt, und was sie damit macht, ist ihre Sache.
"Krone": Wer wollte die Ehe nach so langer Zeit mehr: Sie oder Ihre Frau?
Fuchs: Das ist uns beiden gleicherweise wichtig. Endlich kann ich die Mutter meiner beiden jüngsten Kinder heiraten. Die sind ja schon über zwanzig. Wie alt soll ich noch werden?
"Krone": Ist es Liebe?
Fuchs: Der Heilige Paulus sagte einmal über die Liebe: "Die Liebe duldet alles. Die Liebe verzeiht alles. Die Liebe versteht alles." Das ist eine schöne Definition. So gesehen ist es unbedingt Liebe.
"Krone": Was lieben Sie an Ihrer künftigen Frau am meisten?
Fuchs: Ihre ungeheure Intelligenz. Sie ist die g'scheiteste Frau und gleichzeitig die naivste. Sie ist unglaublich liebenswert. Dabei raucht sie wie ein Schlund, ich stelle mir dauernd vor, wie bei so vielen Lungenzügen ihre Lunge ausschauen muss. Aber dann tröste ich mich, indem ich an Kuba denke. Dort tauchen Raucher ihre Zigarren in Rum und inhalieren sie dann und werden 100 Jahre alt.
"Krone": Nur ist Ihre Frau leider nicht da.
Fuchs: Sie nimmt auch nicht meinen Namen an! Sie möchte nicht Fuchs heißen. Dann lasse ich mich auf Ernest the Firefox umtaufen, habe ich ihr vorgeschlagen. Und sie könnte sich dann Uta Saabel von Ernest the Firefox nennen.
"Krone": Warum verloben Sie sich noch schnell vor der Hochzeit?
Fuchs: Statt kirchlich zu heiraten – dafür hätte ich eine Dispens bekommen können, aber das war mir zu kompliziert – lasse ich mein Hochzeitsversprechen segnen. Vom Kardinal im Stephansdom, oder vielleicht macht's auch der Toni Faber. Dann heiraten wir im Palais Palffy, und die Hochzeitsreise führt uns zur Sainte Dévote nach Monte Carlo. Dort wird auch unsere ständige Heimat sein.
"Krone": Werden Sie die ganze Familie um sich versammeln?
Fuchs: Gott, nein! "Wenn sie kommt, dann komme ich nicht!" "Merkst du das denn nicht, die hat es nur auf dein Get Ihnen dieser Gedanke nie gekommen?
Fuchs: Ich selber habe nicht daran gedacht, aber die andern haben dran gedacht. Deshalb habe ich als Universalerbin die Uta eingesetzt. Meine Frau erbt alles. Sie soll dann bestimmen, was damit passiert.
"Krone": Aber den Pflichtteil müssen Ihre Kinder ja trotzdem bekommen.
Fuchs: Ja, sicher, aber das ist ja fast nix bei 16 – mein Ziehkind Bimba mitgerechnet 17 - Kindern. Sollen sie bös' sein! Ich habe das alles geschaffen, sie haben mir ja nicht beim Malen geholfen.
"Krone": Kommt beim Aufsetzen des Testaments der Gedanke an den Tod?
Fuchs: Aber nein. Ich weiß ja, dass ich unsterblich bin. Ich werde nicht sterben.
"Krone": Machen Sie Witze?
Fuchs: Das hat mir die Lichtgestalt von Eins in Beverly Hills prophezeit. – Er beginnt eine Gottesformel herunterzubeten. Sie endet mit: "Ich werde dich zu einer Säule in meinem Tempel machen."
"Krone": Aber Sie gehen am Stock und trinken Milch für Ihren wehen Magen.
Fuchs: Ich habe keinerlei Gebrechen. Dass andere in meinem Alter schon tot sind oder über ihre Prostata klagen, löst bei mir immer wieder Erstaunen aus. Denn ich fühle mich eigentlich wie 16.
"Krone": Was, glauben Sie, hat Ihre Anziehung auf Frauen ausgemacht, Herr Fuchs?
Fuchs: Oh, das ist leicht. Man will immer das haben, was man nicht haben kann. Ich habe den Frauen immer das Gefühl gegeben: Mich können sie nicht haben. Das ist viel besser als sie zu dominieren. So was widerstrebt mir. Und ich hab' es auch überhaupt nicht notwendig gehabt.
Sein phantastisches Leben
Geboren am 13. Februar 1930 in Wien. Mitbegründer der "Wiener Schule des Phantastischen Realismus". Der "Mann mit der Mütze", der als Maler, Graphiker, Bildhauer, Bühnenbildner, Architekt, Komponist und Designer tätig ist, war drei Mal verheiratet und hat 16 Kinder von sieben Frauen. Prof. Ernst Fuchs lebt in Wien und in Monaco. Mit 82 heiratet er demnächst ein viertes Mal: Die Sängerin Uta Saabel, mit der er zwei gemeinsame Kinder, Julian und Moritz, hat. Viele seiner Bilder sind im "Phantastenmuseum Wien", Josefsplatz 6, zu sehen. Dort ist der Künstler auch oft persönlich anzutreffen (geöffnet täglich von 10 bis 18 Uhr).
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