Walesa hat Geschichte geschrieben. Der Friedensnobelpreisträger brachte als Gewerkschaftsführer das kommunistische System zum Bröckeln und wurde im Jahr 1990 der erste frei gewählte Präsident Polens. Dennoch gab es im Vorfeld seines Graz-Besuchs Kritik: vonseiten der Kommunisten, aber auch der Grünen. Als er sich am Vormittag ins Goldenen Buch der Stadt eintrug, sprach Walesa, der von seiner Tochter begleitet wurde, das auch gleich an: "Wenn sich mancher fragt, was mich berechtigt, über das Ende des Krieges zu sprechen, so sage ich, dass auch ich bezahlt habe. Und zwar mit dem Leben meines Vaters, der im Mai 1945 zwar aus dem Krieg zurückgekehrt ist, aber im Juni darauf verstorben ist, weil er so ausgemergelt war." Der Krieg sei in Polen und ganz Osteuropa in Wahrheit erst 1993 beendet gewesen – als der letzte sowjetische Soldat die einstigen Ostblock-Staaten verlassen hatte.
Am Nachmittag fand dann der Sondergemeinderat statt. Auch viel Prominenz, darunter Alt-Landeshauptmann Josef Krainer und der Honorarkonsul von Polen Gerold Ortner, war unter den Zuhörern. Nach dem Vortrag des Historikers Stefan Karner über das Kriegsende in Graz trat schließlich Walesa an das Rednerpult. An die Schrecken des Krieges zu erinnern, sei zu wenig, um den Frieden zu sichern, mahnte der 71-Jährige. Er, der einst die Gewerkschaft Solidarnoæ gegründet hat, forderte mehr Solidarität in Europa: "Im Moment ist es leider so, dass jedes Land seinen eigenen Weg geht. Wir müssen uns an einen Tisch setzen und gemeinsam Lösungen finden!"
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