Tiefer Fall
Ägypten: Ex-Präsident Mursi zum Tode verurteilt
Die Gerichtsentscheide von Mursi und einigen anderen Verurteilten wurden an Sheikh Shawki Allam weitergeleitet. Bis zum 2. Juni hat dieser nun Zeit, die Urteile zu prüfen, das Gericht will dann noch am selben Tag seine endgültige Entscheidung bekannt geben. Aber auch danach können die Verteidiger noch in Berufung gehen. In einem weiteren Prozess wegen Verschwörung und Spionage steht ein Urteil gegen Mursi und 18 Mitangeklagte noch aus. 16 Personen wurden am Samstag in diesem Fall aber bereits zum Tod verurteilt.
Über 100 weitere Todesurteile
In dem Prozess um Gefängnisausbrüche während der Revolte gegen Mursis Vorgänger Hosni Mubarak 2011 wurde am Samstag zudem gegen mehr als 100 weitere Angeklagte die Todesstrafe verhängt, darunter auch über Mohammed Badie und Khairat al-Shater, die Anführer der Muslimbrüder. Viele der Angeklagten wurden in Abwesenheit verurteilt, darunter der bekannte islamische Geistliche Yussuf al-Qaradawi. Mursi hatte sich zu Beginn des Aufstands 2011 in Haft befunden, kam aber im Zuge der Ausbrüche gemeinsam mit Tausenden Häftlingen frei.
Kritiker orten "politisches Urteil"
Ein Vertreter der Muslimbruderschaft sprach am Samstag nach dem Prozess von einem "politischen Urteil" und appellierte an die internationale Gemeinschaft, die Vollstreckung der Todesstrafe zu verhindern. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte den Gerichtsentscheid in Mursis Verfahren und sprach in dem Zusammenhang von einer Rückkehr in das "antike Ägypten".
Mursi 2013 vom Militär entmachtet
Mursi war nach dem Sturz Mubaraks im Februar 2011 der erste demokratisch gewählte Präsident Ägyptens, im Juli 2013 wurde er vom Militär entmachtet. Nach seiner Absetzung kam der heutige Staatschef Abdel Fattah al-Sisi an die Macht, der beim Sturz Mursis Armeechef gewesen war. Er hatte angekündigt, die Muslimbruderschaft auslöschen zu wollen. Seither wurden mehr als 1.400 Mursi-Anhänger getötet und über 15.000 weitere inhaftiert. Frühere Massenprozesse, bei denen im Schnellverfahren Hunderte Islamisten zum Tod verurteilt wurden, lösten internationale Proteste aus.
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