Innenministerrat

Asselborn: “EU steuert irgendwie in die Anarchie”

Ausland
25.02.2016 13:55

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat am Donnerstag beim EU-Innenministerrat in Brüssel erneut das gemeinsame Vorgehen Österreichs und der Balkanstaaten in der Flüchtlingskrise verteidigt. Die Initiative sei "der Anfang vom Ende des Durchwinkens", sagte Mikl-Leitner. Sie wies auch darauf hin, dass Griechenland unterstrichen habe, es sei kaum in der Lage, die EU-Außengrenze zu schützen. Eine europäische Lösung zeichnet sich in nächster Zeit auch laut Luxemburgs Migrationsminister Jean Asselborn nicht ab: "Wir haben keine Linie mehr, wir steuern irgendwie in die Anarchie hinein."

Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere kritisierte erneut die von Österreich initiierte Eindämmung des Flüchtlingsstroms und sprach nach dem Treffen von "einseitigen Maßnahmen", um "eine Organisation des Durchwinkens gemeinsam zu verabreden". Es habe in Brüssel "kontroverse Debatten" über das Vorgehen einiger europäischer Staaten gegeben, sagte der deutsche Innenminister. Dieses Vorgehen sei nicht vereinbar mit dem Beschluss des EU-Gipfels, wonach die Zeit des Durchwinkens vorbei sei. "Einseitige nationale Maßnahmen verlagern nur die Probleme auf andere und können kein Beitrag zu einer Lösung sein."

Er habe um Verständnis für die Lage Griechenlands geworben, so de Maiziere. Er habe aber auch kein Interesse an einer Eskalation der Konflikte. Die Abberufung des griechischen Botschafters aus Wien wollte der deutsche Minister nicht kommentieren.

"Es ist allen Beteiligten in Europa klar, dass sich die Dinge ändern müssen, wenn Europa zusammenbleiben soll", sagte de Maiziere. Auch Mikl-Leitner stellte nach dem Treffen in Brüssel zusätzliche "harte Maßnahmen" in der Flüchtlingskrise in Aussicht, sollte bis zum EU-Türkei-Gipfel am 7. März keine Einigung erreicht werden.

Johanna Mikl-Leitner mit Thomas de Maiziere (Bild: Herrmann Muhr/BMI)
Johanna Mikl-Leitner mit Thomas de Maiziere

Reduktion der Flüchtlingsströme oberstes Ziel
Ziel der Balkan-Initiative sei jedenfalls eine Reduktion der Migrationsströme, sagte Mikl-Leitner. Selbstverständlich dürften Schutzbedürftige die Grenze passieren, das sei eine internationale Regel. Auf die Frage, ob das auch für Afghanen gelte, sagte Mikl-Leitner, das müsse jedes Land selbst entscheiden. Gerade bei Flüchtlingen, die angeben, aus Afghanistan zu stammen, habe sich gezeigt, dass viele aus anderen, sicheren Regionen kommen würden.

Was Italien betrifft, hofft Innenminister Angelino Alfano auf eine Einigung mit Wien über das Vorgehen an der gemeinsamen Grenze. "Hoffentlich können wir die Divergenzen mit Österreich überwinden. Mauern generieren nur Illusionen", sagte Alfano. Der slowakische Innenminister Robert Kalinak äußerte Verständnis für das Vorgehen Österreichs in der Flüchtlingskrise. De Maiziere wiederum strich "trotz unterschiedlicher Auffassungen" in der Flüchtlingskrise die "gute Zusammenarbeit" mit Österreich hervor.

Zum Rechtsstreit mit der EU-Kommission über die Asyl-Obergrenze sagte Mikl-Leitner, die Teilnehmer der Balkan-Konferenz glaubten an eine europäische Lösung. "Aber solange wir am Stand treten, müssen wir kleine, aber entschlossene Schritte setzen."

Verteidigungsminister Doskozil und Innenministerin Mikl-Leitner in Spielfeld (Bild: APA/ERWIN SCHERIAU)
Verteidigungsminister Doskozil und Innenministerin Mikl-Leitner in Spielfeld

Kritik an Österreich "nicht korrekt"
Alle Maßnahmen, die Österreich gesetzt habe, seien rechtskonform. Kein Land könne dazu verpflichtet werden, mehr zu leisten, als es vermag. Auch aufgrund der Flüchtlingskonvention könne sich kein Mensch das Land aussuchen, wo er Schutz erhalte. "Die Kritik ist nicht korrekt", sagte die Innenministerin mit Blick auf die EU-Kommission. Österreich habe im Vorjahr 90.000 Asylanträge verzeichnet. "Würden alle anderen Staaten einmal 37.500 Flüchtlinge aufnehmen, hätten wir schon einen großen Schritt getan." Österreich schotte sich nicht ab, helfe aber nur bis zur Grenze der Belastbarkeit. Sie könne sich auch eine Obergrenze für ganz Europa vorstellen.

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