Experten warnen:

Atomkraftwerke in Ukraine wegen Kämpfen gefährdet

Ausland
30.08.2014 09:21
Immer mehr Experten sehen in den Kämpfen in der Ostukraine eine wachsende Gefahr für Atomkraftwerke in der Region. So hat vor Kurzem die Umweltorganisation Greenpeace vor einer drohenden Atomkatastrophe gewarnt, sollten Angriffe - ganz gleich, ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt - auf nukleare Einrichtungen erfolgen. Die Front verläuft derzeit etwa 200 Kilometer vom AKW Saporischschja entfernt, dessen aus Sowjetzeiten stammende Reaktoren nur unzureichend gegen Beschuss geschützt seien, so die Umweltorganisation.

Vor allem mit der Eröffnung einer neuen Front im Südosten der Ukraine steigt die Angst vor einer Katastrophe. Zwei mögliche Szenarien werden derzeit in Diskussionen genannt: Das eher unwahrscheinlichere Szenario ist die Besetzung von Nuklearanlagen durch Milizen bzw. Sabotage. Die viel realistischere Gefahr ist, dass im Zuge der Kämpfe Kollateralschäden an Reaktoren entstehen könnten, die schlimmstenfalls eine Kernschmelze zur Folge haben.

"Panzerbrechende Waffen können Betonhülle durchschlagen"
"Es gibt in der Region viele panzerbrechende Waffen, die diese Hülle durchschlagen können", sagte Tobias Münchmeyer, Atomexperte von Greenpeace, in der Samstagsausgabe der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". Auch ein Angriff auf die Stromversorgung oder das Stromnetz könne durch den Ausfall der Kühlung verheerende Folgen haben, wie das Beispiel Fukushima gezeigt habe.

Die deutsche Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) beobachtet die Entwicklung nach eigenen Angaben sehr genau und steht in engem Austausch mit den Behörden in der Ukraine. Es gebe aber zurzeit "keine Informationen, die Anlass zu konkreten Beunruhigungen geben", teilte die GRS nach Angaben der Zeitung mit.

Pressesprecher: "Saporischschja ist sicherstes AKW Europas"
Der Pressesprecher des AKWs Saporischschja, das rund 1.800 Kilometer von Wien entfernt ist, zeigte sich im Gespräch mit der ARD-"Tagesschau" am Freitag aber überzeugt: Sein AKW mit den sechs Reaktoren sei nicht nur das größte, sondern auch das sicherste Europas. "Das Reaktorgebäude ist sogar gegen einen Flugzeugabsturz gesichert. Selbst wenn die Kämpfe näher kommen sollten und Minen, Granaten oder gar Raketen auf das Reaktorgelände treffen, müssten wir schlimmstenfalls das Kraftwerk herunterfahren", sagte Sergej Tschimtschew.

Doch mit dieser Ansicht steht Tschimtschew ziemlich alleine da. Denn selbst der Chef der ukrainischen Atomaufsicht, Sergej Boschko, warnte: "Unsere modernen AKWs der Baureihe WWR 320 sind gegen den Absturz kleiner Flugzeuge bis etwa zehn Tonnen gesichert. Aber schon für eine Boeing 737 mit ihren rund 60 Tonnen ist das natürlich nicht ausreichend."

Atombehörde: Keine Sicherheit gegen militärische Angriffe
Schweren Waffen, wie sie jetzt im Osten der Ukraine eingesetzt werden, seien die Atomkraftwerke nahezu schutzlos ausgeliefert. "Kein AKW auf der Welt ist gegen militärische Angriffe gesichert. Diese Atomkraftwerke sind nicht für Krieg ausgelegt, sondern für Frieden", so Boschko.

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